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Unai Emerys lückenhaftes Dementi: Warum fehlte Mesut Özil wirklich im Arsenal-Kader?

Arsenal-Trainer kann Streit-Gerüchte nicht zerstreuen

Emerys lückenhaftes Dementi: Warum fehlte Özil wirklich?

Der Sommer war belastend, der Herbst droht nicht besser zu werden: Mesut Özil.

Der Sommer war belastend, der Herbst droht nicht besser zu werden: Mesut Özil. picture alliance

Man wäre gerne dabei gewesen, als sich Unai Emery und Mesut Özil am Donnerstag unterhielten, schon allein, um zu erfahren, wie sich beide eigentlich sprachlich verständigen. Vor allem aber wüsste man dann, ob Özil seinen Trainer bei Arsenal tatsächlich im Streit anschrie, das Training vorzeitig beendete und deswegen am Samstag bei Arsenals 3:1-Sieg gegen West Ham United in Aufgebot und Stadion fehlte.

Das jedenfalls behauptete "ESPN Brasilien" mit Verweis auf mehrere klubnahe Quellen - und schon hatte Emery nach dem Spiel auf der Pressekonferenz Schwerstarbeit zu verrichten. Hatte er Özil am Donnerstag tatsächlich offenbart, dass er diesmal nur auf der Bank sitzen werde? War Arsenals Topverdiener deshalb laut geworden?

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Die Gerüchte dementierte Emery sofort ("Die Informationen sind nicht wahr"), doch verstummen ließ er sie nicht: weil sie so wahnsinnig gut zu den ersten Eindrücken der Beziehung Emery-Özil zu passen scheinen - und weil Emery bei seinen Ausführungen in holprigem Englisch reichlich Interpretationsspielraum ließ.

Gegen Chelsea wechselte Emery Özil mit vielsagender Begründung aus

Gegen Manchester City (0:2) am ersten Premier-League-Spieltag hatte der Spanier Özil ins rechte Mittelfeld beordert, gegen Chelsea (2:3) am zweiten dann zentral aufgeboten, aber nach 68 Minuten ausgewechselt, "damit sich Chelsea", so seine Erklärung, "nicht so leicht mit dem Ball vorwärtsbewegen kann". Özil war sichtlich unglücklich darüber. Schon in der Vorbereitung war deutlich geworden, dass er sich mit den neuen Pressinganforderungen, die Wenger-Nachfolger Emery an seine Offensivspieler stellt, zumindest schwertut. Seine Lauf- und Balleroberungsstatistiken an den ersten Spieltagen passten dazu.

Trotzdem beteuerte Emery, Özil sei schlicht erkältet gewesen. "Am Donnerstag habe ich mit ihm über taktische Dinge für dieses (West Ham, d.Red.) und das letzte Spiel (Chelsea, d.Red.) gesprochen. Und er hat zu mir gesagt, dass er krank ist." Nur deswegen habe Özil das Training abgebrochen. "Am Freitag hat er dann weiterhin krankheitsbedingt gefehlt. Wir haben mit dem Arzt gesprochen und entschieden, dass es besser für ihn ist, zuhause zu bleiben (gegen West Ham, d.Red.)."

Warum war der erkältete Özil eine Stunde bei den Kollegen in der Kabine?

Doch seine Darstellung enthält Lücken, manches will einfach nicht ganz zusammenpassen. Etwa die Tatsache, dass sich Özil unmittelbar vor dem Spiel trotz seiner Erkältung "eine Stunde lang" in der Arsenal-Kabine bei den Teamkollegen aufhielt, wie Emery verriet. Ist das nicht ein wenig leichtsinnig? "Ich hatte ihm gesagt, dass er kommen soll, wenn er sich besser fühlt", so Emery. "Ihm ging es nicht hundertprozentig gut, aber er ist eine Weile geblieben. Ich mag es lieber, wenn er bei uns ist und nicht zuhause. Vielleicht ist morgen auch ein anderer Spieler krank - das ist dann meine Schuld."

Nicht leichter machte es sich der Trainer damit, die PK-Frage, ob Özil denn bei voller Gesundheit von Beginn an gespielt hätte, einfach zu ignorieren. Oder lediglich mit einem "Vielleicht" samt breitem Grinsen auf die Frage zu antworten, ob er Özil wieder auf einer anderen Position als der geliebten Zehn hatte einsetzen wollen. Der "Guardian" hält es außerdem für eine "erstaunliche Statistik", dass ein "vermeintlich gesunder Athlet" jetzt schon zum sechsten Mal seit Dezember 2016 ein Spiel wegen einer Erkältung verpasst haben soll.

Özil ist einer der einflussreichsten Spieler - und Wenger-Liebling

Was bleibt, ist eine seltsame Geschichte voller Beteuerungen und Andeutungen, Spekulationen und Indizien. Im schlechtesten Fall hat es sich Emery schon nach wenigen Wochen mit einem seiner einflussreichsten Spieler - dem Wenger-Liebling schlechthin - verscherzt und ein Dauer-Störfeuer geschaffen; im besten ist Özil tatsächlich nur einmal mehr krank und arbeitet bereits fieberhaft daran, sich in Emerys Taktikkonzept zu fügen. So oder so: Nach einem belastenden Sommer steht Özil ein ebensolcher Herbst bevor.

jpe