Bundesliga

Tuchel: "Ich mag meine Mannschaft"

Dortmunds Trainer erklärt seinen Wutausbruch

Tuchel: "Ich mag meine Mannschaft"

Wünsche und Erwartungen: Thomas Tuchel äußerte sich vor dem Spiel in Gladbach ausführlich.

Wünsche und Erwartungen: Thomas Tuchel äußerte sich vor dem Spiel in Gladbach ausführlich. imago

Thomas Tuchel über...

...die Reaktion der Mannschaft auf die Kritik: "Wir können nicht beweisen, ob es wegen oder trotz der Kritik war, aber unsere Trainingswoche war herausragend gut. Wir haben eine sehr, sehr gute Woche hinter uns und haben überragend trainiert. Viele Spieler sind zurückgekommen, es war ein hoher Konkurrenzkampf und eine hohe Leistungsdichte. Deshalb fühlen wir uns - Stand jetzt - top vorbereitet."

...die Gründe für seine scharfe Kritik an der Mannschaft in Frankfurt: "Weil ich meine Mannschaft mag und weil ich jeden Tag mit ihr trainiere und weil ich weiß, welches Potenzial in uns steckt; weil wir aus einer Serie kamen mit vier Siegen in Folge - darunter zwei in der Champions League und einer gegen die Bayern - und diese vier Siege waren sehr ähnlich: Sie waren spielerisch und technisch-taktisch nicht auf unserem allerhöchsten Niveau, aber sie waren wie eine aufsteigende Treppe, mit dem absolutem Siegeswillen, mit Leidenschaft, mit viel Herz und dem entscheidenden Biss. All diese Eindrücke und dazu das Wissen um unser Potenzial, und dann fahren wir nach Frankfurt, zu einem direkten Konkurrenten, in dem Wissen, dass Leverkusen in München spielt, dass Gladbach gegen Hoffenheim spielt, wir können so einen wichtigen Schritt machen - und dann spüre ich so wenig von all dem, was uns ausgezeichnet hatte in den vier Spielen zuvor. Deshalb war ich sehr enttäuscht und sehr emotional nach dem Spiel. Und deshalb diese Reaktion. Nur: Sie müssen wissen, wenn ich mich so fundamental ärgere und das Wort "wir" benutze, ärgere ich mich immer auch über mich selber und beziehe mich auch immer automatisch mit ein."

Jeder Schritt, den wir zu machen glauben, wird mit einem Wermutstropfen vermischt

...eine Erklärung für das Auf und Ab in dieser Saison, das auch er in Frankfurt angesprochen hatte: "Für mich als Trainer, der immer wieder die positiven Ausprägungen und das Potenzial meiner Spieler sieht, ist es schwer auszuhalten und schwer zu ertragen. Das gebe ich auch zu. In so einer wichtigen Phase der Saison ist es mir am Samstag nicht so gut gelungen, das auszuhalten. Die Erklärung (für das Auf und Ab, Anm. d. Red.) ist nicht schwer. Wer sich die Mühe macht, die Sommertransfers zu betrachten, auch den Altersdurchschnitt, die jungen Spieler, die vielen Verletzten und auf den gesamten Saisonverlauf zu schauen, der wird anerkennen müssen, dass wir in dem Prozess sind, uns zu finden, auch eine neue Spielidee zu finden, an der wir uns festhalten können und die uns Sicherheit gibt. Kaum sind Verletzte zurück, das zieht sich ja auch durch die Saison, kaum kommt Marco Reus zurück, verletzt sich Raphael Guerreiro, den wir mit am schwersten, vielleicht gar nicht, ersetzen können in der derzeitigen Phase; kaum gewinnen wir gegen Bayern München und denken, wir haben die maximalen Verstärkung auf unserem Weg, kommt am nächsten Tag die Nachricht, dass wir die Hinrunde ohne unseren Torwart zu Ende spielen müssen; kaum ist Manni Bender zurück auf dem Trainingsplatz, meldet sich Neven Subotic ab. Jeder Schritt, den wir zu machen glauben, wird mit einem Wermutstropfen vermischt. Das gehört alles zusammen. Wir haben hohe Höhen, dafür kann man die Champions League hernehmen, aber wir sind in der Lage, in der gleichen Woche uns in Ingolstadt sehr schwerzutun und beinahe dort zu verlieren. Und in der vergangenen Woche das Gleiche. Das zu wissen und mit dem nötigen Abstand zu beurteilen ist etwas anderes, als das am Samstag im Stadion nach dem Spiel zu fühlen oder auch nicht zu fühlen. Es bleibt ja emotional. Deshalb ist so etwas leicht zu erklären, aber nicht immer leicht auszuhalten."

...über das Echo auf seine Kritik: "Ich war schon überrascht, weil ich nach wie vor der Meinung bin, dass die Aussagen, die ich getätigt habe, alleine nicht so schlimm sind, um die heftigen Reaktionen zu rechtfertigen."

... die Art, wie er sich mit der von außen geäußerten Kritik auseinandersetzt: "Wenig bis gar nicht. Ich setze mich in dem Maße damit auseinander, dass es am nächsten Tag für uns weitergeht und ich meiner Mannschaft aufzeigen muss, worüber ich mich geärgert habe und was wir deutlich besser können. Über die technisch-taktische Ebene hinaus gab es etwas, was mir gefehlt hat: diese Ausstrahlung, die ich an der Seitenlinie fühle, wenn sie da ist, wo du denkst, nein, heute nicht, wir verlieren das nicht. Wir sind heute wild entschlossen, das auf unsere Seite zu biegen. Es ist am besten, wenn du das mit einer Nacht Abstand am Sonntag mit deiner Mannschaft besprichst. Das tun wir jedes Mal, auch wenn wir gewinnen und die Mannschaft loben. Diese Aufarbeitung findet auch selbstkritisch statt, das war noch nie anders. Aber die Reaktionen von außen dürfen in der Arbeit mit der Mannschaft keinen Einfluss nehmen."

Ich erwarte, dass wir unser Herz in die Hand nehmen.

...das Spiel gegen Gladbach: "Ich wünsche mir, dass wir es so auf den Platz bekommen, wie es auch in der Trainingswoche zu sehen war. Ich wünsche mir, dass wir es auf jeden Fall in der Emotionalität und in der Leidenschaft auf den Platz bekommen wie bei den vier Siegen vor Frankfurt. Das ist die Basis für uns und für all die Dinge, die noch stocken, um uns darüber hinwegzuhelfen, wenn es auch mal im Spiel klemmt. Wir erwarten mit Gladbach einen sehr schwierigen Gegner. Es ist sehr schwer, gegen sie ein Tor zu schießen. Sie können sehr zäh, ausdauernd und taktisch sauber verteidigen. Es gibt wenige Räume, in die du kannst, und wenn, sind sie nur kurz da. Du musst ständig aufpassen, dass du nicht zu viele leichte Fehler machst, am besten gar keine, weil sie mit Dahoud, Raffael und Stindl drei unglaubliche Umschaltspieler haben. Du musst ständig auf der Hut sein. Ich erwarte eine emotionale Leistung, eine Willensleistung, aber auch eine hoch konzentrierte Leistung. Ich erwarte, dass wir unser Herz in die Hand nehmen und eine Serie starten."

Jan Reinold

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