Während der 90 Minuten war Alexander Zorniger in seiner Coaching Zone herumgetigert, er hatte herumgeschrien, wild mit den Armen gefuchtelt, hoch, runter, nach links und nach rechts. Leidenschaftlich, mitfiebernd, aufopfernd - so wie man den Trainer des VfB Stuttgart kennt. Nach dem Spiel war der 48-Jährige in sich gekehrt. Auf der Pressekonferenz sprach er mit leiser Stimme und erhob diese kaum einmal. Ein Anflug von Resignation?
Es war die alte Leier am Samstagnachmittag in der Leverkusener BayArena. Wieder einmal hatte Stuttgart - zumindest offensiv - eine ansprechende Partie abgeliefert, erneut reiste der VfB punktlos ab. Die Pleite, so Zorniger geknickt, sei "für uns ganz, ganz schwierig zu akzeptieren, weil ich glaube, dass wir über 90 Minuten eine Minimum gleichwertige Mannschaft waren." Später fügte er an: "Was allerdings fehlt, sind die Punkte nach solchen Leistungen – und das schon seit Rundenbeginn. Das tut mir für die Mannschaft extrem leid."
Seine Elf führte in der zweiten Halbzeit mit 2:0 und später mit 3:1, kassierte dann aber binnen einer Minute den Ausgleich (70., 71.) - ein Schock, von dem sich die Schwaben nie mehr erholten. Zornigers Frustration resultierte besonders aus den Chancen, die seine Schützlinge zuvor vergeben hatten. So hatte Stuttgart "die Riesenmöglichkeit zum 4:1", sagte der 48-Jährige, "die machen wir nicht". Das bestrafte Bayer im Stile einer Topmannschaft.
Das müssen wir schleunigst ändern, sonst besteht man in der Bundesliga nicht.
Daniel Didavi über die Gegentorflut
Das Spiel in Leverkusen war ein Abbild der bisherigen Saison. Zornigers Elf spielt erfrischenden Offensivfußball, begeistert ihre Fans - und leistet sich in der Abwehr unerklärliche Aussetzer. Auch in der BayArena stellte sich der VfB bei den Gegentoren mitunter dilettantisch an und brachte sich so um seinen Lohn. Zorniger gestand fast schon entmutigt ein: "Wir haben die 1:1-Situationen nicht gut verteidigt, damit müssen wir leben." Die Pleite sei "wahnsinnig enttäuschend für die Mannschaft, die Fans und den gesamten Verein".
Spielbericht
23 Gegentore in zehn Spielen - Liga-Minus
Deutlichere Worte formulierte Daniel Didavi, Torschütze zum zwischenzeitlichen 2:0. Anerkennend sagte der Mittelfeldspieler am Sky-Mikrofon zunächst: "Leverkusen hat eine überragende Qualität." Dann richtete er sich an die Kollegen und sprach die schwache Defensive an: "Wir haben in zehn Spielen über 20 Tore kassiert - über zwei im Schnitt." Tatsächlich stellen die Schwaben mit bereits 23 Gegentreffern die anfälligste Abwehr der Beletage. Daher stellte Didavi schonungslos klar: "Das müssen wir schleunigst ändern, sonst besteht man in der Bundesliga nicht."