Bundesliga

Kampf gegen den "inneren Schweinehund"

Bremen: Neuer Athletiktrainer macht mit "CrossFit" vieles anders

Kampf gegen den "inneren Schweinehund"

Setzt viele neue Anreize im Training des SV Werder: Athletikcoach Jörn Heineke.

Setzt viele neue Anreize im Training des SV Werder: Athletikcoach Jörn Heineke. imago

Aus dem Bremer Trainingslager in Neuruppin berichtet Hans-Günter Klemm

Sein schönstes Erlebnis als Fußballer datiert aus seiner Zeit beim FC Bremerhaven. Erste Runde im DFB-Pokal, der unterklassige Klub spielte gegen den Karlsruher SC. Jörn Heineke sollte gegen einen Weltmeister spielen - gegen Thomas Häßler. Es gab dann diesen Moment, den er nie vergessen wird. Heinke, der Unbekannte, tunnelte "Icke", den Nationalspieler. "Spiel nicht so arrogant!", schimpfte dieser, als er so düpiert worden war.

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Werder Bremen

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Heineke, der neue Athletikcoach, erzählt diese Episode, die für seine Vergangenheit als Fußballer steht. Profi in der 2. Liga bei Preußen Münster und in Australien. Ein Background, der sich natürlich nicht nachteilig auswirkt in seinem neuen Job. "Ich weiß halt, wie Fußballer ticken", sagt der 40-Jährige, der früher ein Fan von Paul Breitner war und dessen Namenszug auf seinen ersten Schuhen trug. "Ich werde halt anders wahrgenommen."

Der neue Mann, der auch in der Werder-Jugend aktiv gewesen ist und Frank Ordenewitz, den alten Werder-Recken, aus seiner Zeit beim Vorortklub Osterholz-Scharmbeck näher kennt, wird natürlich besonders beäugt an seinen ersten Tagen im Camp in Neuruppin. Als Nachfolger von Reinhard Schnittker, der als Leistungsdiagnostiker einen anderen Ansatz verfolgte, amtiert Heineke und hat sogleich Akzente gesetzt. Neue Übungen, bisher unbekannte Trainingsinhalte, viel Abwechslung bei den Einheiten. "Viele neue Reize", wie Melvyn Lorenzen stellvertretend für die Profis bestätigt.

Training im Volksparkstadion

Es geht intensiv zu im Volksparkstadion von Neurupppin, wo zum Auftakt Heineke, der Spezialist für die Fitness, das Kommando führt. Dass die Spieler über die Strapazen bei den extremen Witterungsbedingungen fluchen, ist für ihn ein Stück weit normal: "Wenn die Profis auf den Konditionstrainer nicht ein wenig böse sind, ist irgendwas schief gelaufen. Am Ende des Tages müssen die Beine schon mal schwer sein."

Sich selbst bezeichnet Heineke nicht als "harten Trainer". "Doch ich muss auch nicht der beste Freund der Spieler sein", sagt er, der betont, worum es geht: "Wir sind im Profifußball. Die Spieler müssen ihren Job machen. Und in der Vorbereitung werden nun mal die Grundlagen gelegt."

Grundlagenarbeit: Heineke und die Werder-Profis.

Grundlagenarbeit: Heineke und die Werder-Profis. imago

Der neu verpflichtete Coach, der in Bremen noch ein Fitness-Studio betreibt, hat seinen Einstieg bei der Erstliga-Mannschaft gut geplant. Vorher traf er sich mit den Mannschaftsärzten und Physiotherapeuten des Teams, um sich über jeden einzelnen, seine Eigenheiten und seine Verletzungsanfälligkeit zu informieren. Sein Auftrag mit seinen Worten: "Die Spieler sollen möglichst verletzungsfrei durch die Saison kommen." Bei Werder störte vor allem die Tatsache, dass die Nachwuchsspieler die Belastungen im Trainingsprozess nicht verkraften konnten und dass viele Blessuren ohne direkte Einwirkung durch einen Gegenspieler zustande gekommen sind. Erste Erfolge zeichnen sich ab: Bislang fiel in Brandenburg kein Werder-Profi aus. Einzige Einschränkung: Alejandro Galvez musste am Samstag kürzertreten, weil ihn eine Blase am Fuß behinderte.

Spielerische Belastung - Fokus: Rumpfmuskulatur

"CrossFit", so heißt das Zauberwort, für das Heineke steht. Eine Trainingsmethode, angelehnt an Mark Verstegen, den amerikanischen Fitness-Guru, den einst Jürgen Klinsmann für die Nationalelf engagierte und somit in Deutschland bekannt machte. Auch Heineke geht so vor: Kurze, kompakte Einheiten, hohe Intensität, mit dem Schwergewicht zur Stärkung der Rumpfmuskulatur. Mit ungewöhnlichen Übungen machen die Werder-Akteure dabei Bekanntschaft. So saßen sie an Rudergeräten oder versuchten sich beim "Spidermanlauf". "Ein abgewandelter Liegestütz", wie Heineke diese etwas ungelenk wirkende Fortbewegungsart beschreibt. So werden sie demnächst das Seilspringen üben, um wie die Boxer schnelle Beine zu bekommen. Das Credo des Bremer Übungsleiters: "Die Spieler sollen gar nicht merken, dass und wie sie belastet werden. Es soll alles spielerisch vor sich gehen."

Doch auch andere Seiten sollen geschult werden: Maßnahmen zum Teambuilding sowie das Vermögen, an die Schmerzgrenze zu gehen. Der Kampf gegen den inneren Schweinehund – auch dafür steht Jörn Heineke, der seine Schützlinge immer wieder anstachelt: "Sie sollen noch mehr Gas geben, sollen erfahren, was möglich ist."

Er selbst hat es am eigenen Leib erfahren und vorexerziert. Als er spielte, brachte er sich auf ein optimales Niveau, was die körperlichen Voraussetzungen betrifft: "Es war immer eine Befriedigung, zu erleben, wenn andere schwächelten, aufhören mussten und ich noch weitermachen konnte."