Int. Fußball

Neymar in Topform - Franzosen schmerzt Pogba-Ausfall

Dunga: "Heute fehlen uns die Leitfiguren"

Wer möchte neben Neymar Verantwortung übernehmen? Brasiliens Trainer Carlos Dunga rätselt.

Wer möchte neben Neymar Verantwortung übernehmen? Brasiliens Trainer Carlos Dunga rätselt. imago

Vor dem Spiel in Frankreich erinnerte das brasilianische Nachrichtenportal "Terra" gerne noch einmal an die Schmach vom 1:7 gegen Deutschland aus dem vergangenen Sommer und titelte: "Die Schande der Heim-WM wird niemals vergessen werden." Der Stachel in der südamerikanischen Seele sitzt noch immer tief. Dabei hielt die Seleçao unter dem neuen Nationaltrainer Carlos Dunga lückenlos zusammen, um den zentnerschweren Rucksack stemmen zu können. In sechs Partien feierte die Elf vom Zuckerhut sechs Siege, darunter auch prestigeträchtige gegen Vizeweltmeister Argentinien (2:0) und die aufmüpfigen Nachbarn aus Kolumbien und Ecuador (jeweils 1:0).

Neymar: "Das tut immernoch weh"

Mag man Brasiliens Keeper Jefferson (Botafogo) glauben schenken, wartet mit der Equipe Tricolore aber nochmal ein ganz anderes Kaliber: "Das ist unsere größte Herausforderung in dieser neuen Phase." Für Coach Dunga ist das Freundschaftsspiel ein besonderes. Der 51-Jährige kehrt an den Ort zurück, wo er im WM-Finale 1998 beim 0:3 gegen Gastgeber Frankreich als Kapitän der Seleçao selbst auf dem Platz stand. "Das tut immer noch weh", gestand Neymar, der damals erst sechs Jahre alt war.

Trainersteckbrief Bledorn Verri
Bledorn Verri

Bledorn Verri Carlos Caetano

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Deschamps

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Neymar

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Luiz Gustavo

Dias Luiz Gustavo

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Guilavogui

Guilavogui Josuha

Spielersteckbrief Roberto Firmino
Roberto Firmino

Barbosa de Oliveira Roberto Firmino

Spielersteckbrief Pogba
Pogba

Pogba Paul

Begegneten sich im WM-Finale 1998 als Kapitäne ihrer Mannschaften: Didier Deschamps (li.) und Carlos Dunga.

Begegneten sich im WM-Finale 1998 als Kapitäne ihrer Mannschaften: Didier Deschamps (li.) und Carlos Dunga. imago

Diesen und jeglichen anderen Kummer ballert sich der brasilianische Superstar in Diensten des FC Barcelona seit Dungas Dienstantritt von der Seele. Seit der 23-Jährige das Kapitänsamt übertragen bekam, scheint er mehr denn je beflügelt: Sieben der 14 Treffer in der Dunga-Ära gehen auf sein Konto, darüber hinaus läuft es für ihn auch im Barça-Dress im zweiten Halbjahr deutlich besser (elf Spiele - sechs Treffer, drei Assists). "Die Zahlen belegen, dass Neymar ein Upgrade gemacht hat. Er liebt Herausforderungen, hat eine Siegermentalität. Je mehr Verantwortung er trägt, umso mehr wird er über sich hinauswachsen", so sein Nationaltrainer.

Abgesehen von seinem Ausnahmekönner sieht Dunga aber zehn andere Sorgenkinder in seiner Startelf: "Früher hatten wir jede Menge Spieler, die Maßstäbe setzten. Heute fehlen uns diese Leitfiguren. Keiner hebt sich so richtig heraus. Außer natürlich Neymar." Zu der Kategorie Lautsprecher zählt Dunga auch die Bundesliga-Profis Luiz Gustavo (VfL Wolfsburg) und Roberto Firmino (TSG 1899 Hoffenheim) nicht. Dennoch haben beide gute Karten, im Stade de France in der Anfangsformation zu stehen.

Thiago Silva: "Sein Aus ist vergleichbar mit Neymars bei der WM"

Auch bei den Franzosen hofft ein Akteur aus dem deutschen Oberhaus auf seinen Einsatz: Wolfsburg-Leihgabe Josuha Guilavogui. Für die Länderspiele gegen Brasilien und Dänemark am Sonntag wurde der 24-Jährige nachnominiert, weil Nationalcoach Didier Deschamps im defensiven Mittelfeld Sorgen plagen. Besonders der Ausfall von Hoffnungsträger Paul Pogba wiegt dabei schwer . "Pogba ist der Goldjunge der Franzosen. Sein Aus ist vergleichbar mit der Verletzung Neymars bei der WM", erklärte der brasilianische Frankreich-Legionär Thiago Silva (Paris St. Germain) vor dem Vergleich.

Dennoch ist laut der französischen Zeitung "L'Equipe" alles andere als Zittern vor dem südamerikanischen Schwergewicht angesagt. Das Blatt nannte vier Gründe, wieso Brasiliens Glanz vergangener Tage verflogen ist: Neben Neymar gibt es keine weiteren Stars, man setzte sich vergangenen Sommer bei der WM der Lächerlichkeit aus, die Seleçao ist nur noch Sechster der FIFA-Weltrangliste und der letzte Titel (WM 2002 in Japan und Südkorea) ist eine gefühlte Ewigkeit her.

Verletzte sich beim CL-Auftritt in Dortmund und fällt längere Zeit aus: Juves französischer Star Paul Pogba.

Verletzte sich beim CL-Auftritt in Dortmund und fällt längere Zeit aus: Juves französischer Star Paul Pogba. imago

Den letzten direkten Vergleich gewannen allerdings die Brasilianer, beim 3:0 in Porto Alegre vor zwei Jahren trafen Oscar, Hernanes und Lucas Moura. Ohnehin reicht es auch für Les Bleus gerade mit Blick auf die anstehende Heim-EM 2016 nicht mehr für ganz vorne, das sagt zumindest Ex-Nationaltrainer Raymond Domenech. "Wir müssen realistisch bleiben. Es gibt nicht genügend Führungsspieler. Wir haben Spieler, die für große Klubs in wichtigen Wettbewerben spielen wie Benzema, Pogba, Griezmann. Aber das reicht nicht", meckerte der 63-Jährige auf dem französischen Sender "Europe 1".

Und Domenech befeuerte die Debatte um fehlende Integrationsfiguren zusätzlich: "Wer ist der Chef des Teams? Man braucht jemanden im Herzen des Spiels, in technischer und persönlicher Hinsicht. So wie es Deschamps seiner Zeit war." Ob die Kritik berechtigt ist, sei dahingestellt. Dass sich Deschamps - übrigens Kapitän der Weltmeistermannschaft von 1998 - selbst aufstellt, ist dagegen ausgeschlossen.

msc