Bundesliga

Borussia Dortmund gegen RB Leipzig: Unter besonderen Vorzeichen - Acht Monate nach der Sperrung der Südtribüne

Acht Monate nach der Sperrung der Südtribüne

BVB gegen Leipzig: Unter besonderen Vorzeichen

Ein Bild, das für einen tiefen Einschnitt in der BVB-Fanszene sorgte: Die gesperrte Südtribüne beim Spiel gegen Wolfsburg.

Ein Bild, das für einen tiefen Einschnitt in der BVB-Fanszene sorgte: Die gesperrte Südtribüne beim Spiel gegen Wolfsburg. imago

Noch sind nicht alle Gespräche geführt und nicht alle vorbeugenden Maßnahmen festgezurrt worden. Doch fest steht sowohl für Borussia Dortmund als auch für die Dortmunder Polizei, dass sich solche Szenen wie am 4. Februar dieses Jahres nicht wiederholen sollen. Zwar ist die Partie zwischen dem BVB und RB Leipzig weiterhin nicht als Risikospiel eingestuft, dennoch werden rund 1000 Polizisten am Signal Iduna Park aufziehen. Alle Seiten sind sensibilisiert, zu präsent sind noch die teils erschreckenden Bilder aus der vergangenen Saison.

Vor der Partie damals hatten Dortmunder Anhänger, die eigentlich die Anreise der Leipziger Mannschaft stören wollten, durch eine Umleitung des Teambusses daran allerdings gehindert wurden, auf der Strobelallee am Stadion RB-Fans attackiert und dabei laut Polizeiangaben zehn Menschen - sechs Leipziger Anhänger und vier Polizisten - verletzt. Videoaufnahmen belegten die ausgebrochene Gewalt, die - verbunden mit einigen nicht nur geschmacklosen, sondern teils auch strafrechtlich relevanten Bannern auf der Südtribüne - für einen heftigen Aufschrei sorgte. Die zuvor lange Zeit in der breiten Öffentlichkeit überwiegend positiv bewerte Dortmunder Fanszene stand plötzlich bundesweit am Pranger.

Der DFB griff massiv durch und sperrte die komplette Südtribüne für das nächste Spiel des aufgrund von diverser Fan-Vergehen bereits auf Bewährung verurteilten BVB gegen den VfL Wolfsburg (3:0). Die "Gelbe Wand" blieb für 90 Bundesliga-Minuten betongrau, 24.454 Fans wurden ausgeschlossen, weil ein Bruchteil von ihnen sich auf der Südtribüne falsch verhalten hatte. Denn nur darauf durfte sich der DFB beziehen, die Vorfälle vor dem Stadion waren dagegen ein Fall für die Justiz.

Vier Banner wurden als justiziabel eingestuft

Vier Banner wurden später von der Polizei nach intensiver Durchsicht als justiziabel eingestuft. Weitere 15 Plakate verstießen gegen die Stadionordnung des BVB, der inzwischen aufgrund von 31 Vergehen mehr als zwei Dutzend Stadionverbote wegen der damaligen Vorkommnisse ausgesprochen hat. Laut Angaben der Dortmunder Staatsanwaltschaft wurden im Zuge der Ermittlungen zudem bislang fünf Anklagen erhoben. Eine Verurteilung wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und Verstoßes gegen das Strengstoffgesetz ist bereits rechtskräftig, in den restlichen vier Fällen steht die Hauptverhandlung noch aus. Gegen zehn weitere Beschuldigte wurde ein Strafbefehl beantragt. Weitere Zahlen und Details will die Polizei noch in dieser Woche bekanntgeben.

Protest dürfte es erneut geben

Julian Weigl gegen Naby Keita

Sportliches Duell: BVB-Mittelfeldspieler Julian Weigl (l.) gegen Leipzigs Naby Keita. imago

Formen des Protests gegen RB Leipzig dürfte es beim Aufeinandertreffen am Samstag erneut geben. Allerdings ohne Gewalt. Darin seien sich laut Beobachtern und Mitgliedern der BVB-Fanszene die verschiedenen Gruppen der keineswegs homogenen Szene einig. Genau wie in der generellen Ablehnung des "Konstrukts RB", an der sich auch im zweiten Jahr der Leipziger Liga-Zugehörigkeit nichts geändert habe, wie es Jakob Scholz von der BVB-Fanabteilung ausdrückt.

Scholz vertritt gemeinsam mit seinen Vorstandskollegen rund 17.000 eingetragene BVB-Mitglieder. Viele von ihnen sind keine Kunden, die Fußball nur konsumieren, sondern aktive Fans, die sich einbringen wollen. Er erklärt den Protest gegen Leipzig so: "Wir wollen verhindern, dass die Bundesliga ein Tummelplatz für Investoren wird, die weniger der Fußball denn die eigene Gewinnmaximierung interessiert", sagt Scholz, "dass wir in dieser Sache auch unseren eigenen Verein immer wieder kritisch beleuchten, versteht sich dabei von selbst."

Polizei rechnet nicht mit neuen Gewalttaten - Weniger Gästefans

Bei der Polizei Dortmund rechnet man nicht mit erneuten Gewalttaten. "Wir gehen aktuell davon aus, dass alles getan wurde, um Vorfälle wie im Februar dieses Jahres zu vermeiden", erklärt die Behörde auf Anfrage des kicker. Der Einsatz zu dieser "auch risikobehafteten Fan- und Fußballbegegnung" werde seit Wochen vorbereitet, auch unter Berücksichtigung "unserer Einsatzerfahrung aus der vergangenen Spielbegegnung und anderen Einsätzen".

Den RB-Fans scheint die Lust auf die Reise nach Dortmund trotz aller Vorkehrungen vergangenen zu sein. Deutlich weniger Anhänger der Leipziger als im Vorjahr werden am Samstag in Dortmund erwartet . Rund 3000 Tickets wurden über die offiziellen Kanäle an die Gästefans verkauft - weniger als halb so viele wie im vergangenen Februar.

Warum die Sperrung der Dortmunder Südtribüne für die Fanszene des BVB ein tiefer Einschnitt war, lesen Sie im großen Hintergrundreport in der aktuellen kicker-Montagausgabe.

Matthias Dersch