Bundesliga

Was sich die Bundesliga vom Videobeweis erhofft

"Internationaler Trainer-Kongress" in Bochum

Was sich die Bundesliga vom Videobeweis erhofft

Vom 24. bis 26. Juli fand der 60. Internationale Trainer-Kongress des
Bundes Deutscher Fußball-Lehrer in Bochum statt.

Vom 24. bis 26. Juli fand der 60. Internationale Trainer-Kongress des Bundes Deutscher Fußball-Lehrer in Bochum statt. BDFL

Dieter Hecking brachte es - halb im Ernst, halb im Scherz - auf den Punkt. "Worüber", sagte der Trainer von Borussia Mönchengladbach am Mittwoch vor rund 1200 Fußball-Lehrern und A-Lizenzinhabern beim "ITK 2017", "wollen Trainer noch mit den Schiedsrichtern diskutieren, wenn es künftig den Video-Beweis gibt?"

Nun, Gesprächsstoff dürfte es auch in Zukunft noch genug geben zwischen den Trainern und Referees in der Bundesliga. Doch die Hoffnung, die beide Seiten mit der Einführung eines sogenannten Video-Assistenten verknüpfen, ist identisch. "Das Spiel", fasste Fifa-Schiedsrichter Tobias Stieler die Vorteile bei der Podiumsdiskussion im Bochumer "Ruhrkongress" zusammen, "wird dadurch gerechter."

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Stieler

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Das Spiel wird dadurch gerechter.

Schiedsrichter Tobias Stieler

In allen Partien der Bundesliga wird künftig ein Video-Assistent eingesetzt, der den Schiedsrichter mithilfe von TV-Bildern unterstützt. In vier Situationen soll er sich künftig einschalten - und das auch nur bei klaren Fehlentscheidungen: Bei der Torerzielung, bei Elfmetersituationen, bei Platzverweisen durch eine Rote Karte und bei Spielerverwechslungen bei einer persönlichen Strafe. Die letzte Entscheidungsgewalt liegt beim Schiedsrichter, der die Bilder in einer speziellen Box am Spielfeldrand nach einer Intervention durch den Video-Assistenten einsehen und auch selbst einfordern kann. Im Schnitt, das legen Daten der Vorsaison nahe, dürfte es zweimal pro Spieltag zum Einsatz des Videobeweises kommen.

Für Ralf Rangnick ist die Einführung längst "überfällig". Der Sportdirektor von RB Leipzig erinnerte sich am Mittwoch zurück an seine Zeit als Trainer bei 1899 Hoffenheim. "Damals habe ich nach einem nicht-gegebenen Tor von uns im Spiel gegen die Bayern zu Louis van Gaal gesagt, dass wir die Einführung des Videobeweises oder auch der Torkamera in unserer aktiven Trainerzeit wohl nicht mehr erleben würden. Dass wir das aber bräuchten." Auch viele Schiedsrichter hätten lange auf den Tag der Einführung gewartet.

Fifa-Referee Stieler bestätigte diesen Eindruck. Für ihn bedeute der Video-Assistent keinen zusätzlichen Stress, sondern "eine Entlastung". "Er nimmt gehörigen Druck von uns", sagte Stieler, der beim Länderspiel zwischen Spanien und Frankreich im März selbst testweise als Video-Assistent von Referee Felix Zwayer im Einsatz war und damals bei zwei Torszenen korrigierend eingriff.

Man sollte das System nicht von vornherein überfrachten.

Ex-Referee Lutz Michael Fröhlich

Lutz Michael Fröhlich, der Sportliche Leiter der DFB-Eliteschiedsrichter, warnte derweil davor, zu große Hoffnungen in den Video-Assistenten zu setzen. "Man sollte das System nicht von vornherein überfrachten", sagte der langjährige Referee, "aber es ist ein guter Schritt, klare Handspiele und klare Rote Karten zu identifizieren. Wir beginnen jetzt damit und werden die Erfahrungen, die wir sammeln, nutzen, um das System schrittweise zu verbessern."

So oder so wünschten sich beide Seiten einen verständnis- und respektvolleren Umgang miteinander. "Wir wären auf einem sehr guten Weg, wenn jeder in seiner Rolle mit Verständnis auf die Rolle des anderen reagieren würde", sagte Fröhlich. Und Hecking ergänzte: "Wir Trainer müssen auch in Zukunft unseren Unmut äußern können. Aber wenn ich höre, dass sich ein Vierter Offizieller fühlt wie ein Müllabladeplatz, dann geht das zu weit. Dann müssen wir uns alle hinterfragen."

Slomka: 90 Minuten bearbeiten ist "unanständig"

Auch Mirko Slomka, zuletzt beim Karlsruher SC tätig, nannte das Vorgehen mancher Kollegen, die den Schiedsrichter und seine Assistenten 90 Minuten lang unerlässlich bearbeiten, "unanständig".

Die prominent besetzte Podiumsdiskussion unter der Überschrift "Kommunikation und Arbeitsatmosphäre zwischen Trainern und Schiedsrichtern" bildete den Abschluss des dreitägigen Kongresses, bei dem unter anderem auch Matthias Sammer, Horst Hrubesch, Hermann Gerland und DFB-Chefausbilder Frank Wormuth als Referenten auftraten. Der nächste ITK findet vom 30. Juli bis zum 1. August des kommenden Jahres in Dresden statt.

Matthias Dersch