Bundesliga

Skripnik bittet in Bremen nun zur Quälerei

Trainer will nicht viel ändern und an seinem Plan festhalten

Skripnik bittet in Bremen nun zur Quälerei

Zieht die Zügel bei Werder an: Coach Viktor Skripnik.

Zieht die Zügel bei Werder an: Coach Viktor Skripnik. Getty Images

Das Wort stammt aus seinem Mund. "Krisensitzung", hat Viktor Skripnik die Aussprache getauft, die er am Sonntag vor dem Auslaufen anberaumt hatte. Einen Begriff, den der Trainer zu Wochenanfang nicht mehr gelten lassen wollte. "Krise", davon wollte Skripnik trotz eigener Wortschöpfung unmittelbar nach der Niederlage gegen Leverkusen nichts mehr wissen. "Wir haben keine Krise", betonte der Fußballlehrer, der lediglich dies einräumte: Der Stressfaktor in diesen Tagen sei schon unglaublich hoch. Alle seien schließlich mit der momentanen Lage unzufrieden. Wörtlich: "Es ist eine schwere Situation, doch wir müssen nach vorn schauen."

Es war schon ungewöhnlich, was sich im Weserstadion abspielte. Skripnik stand Rede und Antwort am ersten Tag der Arbeitswoche. Normalerweise spricht er erst wieder in der offiziellen Pressekonferenz vor dem nächsten Spiel, die gewöhnlich am Donnerstag stattfindet. Doch es besteht genügend Redebedarf bei Werder nach dieser total verkorksten englischen Woche, die den Coach zum besonderen Handeln gezwungen hat - beispielsweise zu seiner groß angekündigten Rede an seine Schützlinge.

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Coach wird "etwas lauter"

"Wenn mich etwas stört, dann bin ich ehrlich und sage es meinen Spielern", charakterisierte der 45-Jährige seine Ansprache an die Mannschaft. Genau dies habe er getan, wobei er die Tonlage so umschrieb: "Ich bin schon etwas lauter und emotionaler geworden als sonst." Doch es gab wohl eine Standpauke eher in Moll, eine dezidierte Analyse des vielfachen Fehlverhaltens der Profis. Wohlweislich hatte Skripnik erst eine Nacht darüber geschlafen, bevor er vor die Gruppe trat. Aus seiner Sicht ein Vorteil, "weil ich nicht ganz so laut geworden bin, wie ich es direkt nach dem Spiel gewesen wäre." Für Clemens Fritz war dies genau der richtige Weg, den der Vorgesetzte gewählt hat. Der Kapitän sprach in der Rückschau von "klaren Ansagen" des Trainers, der deutlich die Fehler aufgezeigt habe, aber in "seiner ruhigen Art" auch Lösungen angeboten habe.

Dabei appellierte der Routinier daran, nun nicht wieder in Schwarz-Weiß-Malerei zu verfallen: "Wir dürfen nun nicht alles nur negativ sehen. Extreme negative Gefühle bremsen uns nur. Wir müssen positiv denken und uns bewusst machen, dass wir es in der Vergangenheit schon umgesetzt haben. Wir sollten es anpacken wie in den letzten Jahren." In der Sprache eines Viktor Skripnik bedeutet dies: Arbeiten, arbeiten, arbeiten, um sich zu verbessern. "Nicht zu viel reden", sagt der Ukrainer, "sondern sich auf dem Platz zeigen."

Wir müssen volle Pulle spielen.

Viktor Skripnik

Als Basis für den erhofften Aufschwung sieht der Trainer dabei einen Wandel in der Einstellung, besser gesagt: die Rückkehr zu den alten Tugenden. "Wir müssen volle Pulle spielen", nennt es Skripnik und meint neben dem Glauben an die eigene Stärke in erster Linie Charaktereigenschaften wie Leidenschaft und Teamgeist, die zuletzt verschüttet waren. Auf diese Grundeigenschaften setzt der Werder-Boss, dessen Plan, mehr spielerische Akzente zu setzen, ein wenig ins Stocken geraten ist, auch wenn er selbst auch in dieser Hinsicht, den kleinen Schritten in Richtung Förderung des Qualitätsfußballs, schon gewisse Fortschritte erkennt. Sein Urteil: "Wir sind schon weiter als in der letzten Saison. Zuletzt hat es nur an Kleinigkeiten gemangelt, es haben nur ein paar Prozente gefehlt."

Diese Erkenntnis veranlasst ihn, nicht alles infrage zu stellen. Skripnik will keine radikalen Änderungen vornehmen, weil er von seinem Masterplan, den er für Werder entworfen hat, total überzeugt ist: "Ich werde nichts ändern, meine Arbeitsweise auch nicht ändern. Wir gehen unseren Weg weiter."

Dienstag: Ruhetag wird zur verschärften Einheit

Verkündet diese Devise und versteckt nur wenige Minuten später in einem Nebensatz die Botschaft, dass er im Wochenablauf etwas anders zu machen gedenkt. Skripnik hat den freien Tag gestrichen und für Dienstag, normalerweise Ruhetag, ein Lauftraining auf Platz 11 angesetzt. Eine knüppelharte Einheit, so hat er der Mannschaft gedroht, werde es, in der es auch darum geht, sich zu quälen. Eine Aktion, die sich wie Strafarbeit ausnimmt. Doch der Trainer will es so nicht verstanden wissen und argumentiert so: "Es ist keine Straftraining. Wir sehen Bedarf, zu trainieren. Da geht es auch darum, sich zu quälen und Willen zu zeigen. Die Mannschaft weiß, was sie erwartet. Sie ist damit einverstanden."

Krise hin oder her - Skripnik will die angespannte Lage mit dieser Maßnahme und kleinen Korrekturen meistern.

Hans-Günter Klemm