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"In Dortmund sieht der Fußball anders aus"

BVB: Interview mit Ilkay Gündogan

"In Dortmund sieht der Fußball anders aus"

"Ich bin ein sehr lernfähiger Mensch." Ilkay Gündogan im Gespräch mit BVB-Trainer Jürgen Klopp.

"Ich bin ein sehr lernfähiger Mensch." Ilkay Gündogan im Gespräch mit BVB-Trainer Jürgen Klopp. picture alliance

kicker: In Ihrer Leichtathletik-Prüfung im Abitur liefen Sie die 100 Meter in handgestoppten 11,6 Sekunden. Kann Ihnen in Dortmund außer Jakub Blaszczykowski jemand wegrennen, Herr Gündogan?

Ilkay Gündogan: In der Abiprüfung bin ich mit Spikes gelaufen, das hat geholfen. Und was "Kuba" angeht, haben wir das bisher noch nicht getestet. Außerdem geht es im Fußball vor allem darum, wie schnell man im Kopf umschalten kann und nicht unbedingt, wie schnell man die 100 Meter sprintet.

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kicker: Nirgendwo herrscht beim BVB so viel Gedränge wie in der Mitte. Halten Sie weiter am Plan fest: "Hauptsache im Zentrum"?

Gündogan: Natürlich, die "6" und die "8" sind meine Lieblingspositionen. Dass bei uns auch andere diese Positionen spielen können, ist doch gar nicht schlecht. Jeder muss an sein Limit gehen und die Messlatte für das ganze Team nach oben schieben. Wer das schafft, wird spielen.

kicker: Also Sie?

Gündogan: Wieso sollte ich nicht reinkommen? Das ist mein Anspruch, das ist mein Ziel. Ich glaube, dass ich meine Stärken im Zentrum besser zur Geltung bringen kann als außen.

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kicker: Als Idealbesetzung vor der Dortmunder Abwehr gelten Sven Bender und Sie. Weil Bender angeschlagen ist, haben Sie in vier Tests erst einmal 45 Minuten an seiner Seite spielen können. Wird die Zeit schon knapp, um die nötigen Automatismen noch zu entwickeln?

Gündogan: Es kommt nicht darauf an, wer mit wem spielt, sondern darauf, dass die beiden Sechser zu 100 Prozent ihre Leistung abrufen. Dann ist es egal, ob Kehl und Bender oder Gündogan mit da Silva spielt. Es bringt nichts, darüber zu spekulieren, wer am besten zu wem passt. Am besten wäre, wenn jeder mit jedem könnte.

kicker: Ihnen gehen die ständigen Vergleiche mit dem zu Real Madrid abgewanderten Nuri Sahin auf die Nerven. Weil Sie diesen Anspruch noch nicht erfüllen können?

Gündogan: Ich versuche, mich nicht so sehr unter Druck zu setzen. Mein Anliegen ist es, als Ilkay Gündogan gesehen zu werden und nicht als Sahin-Nachfolger. Ich halte nichts davon, wenn in die Vergangenheit geschaut und gesagt wird: Mit Nuri war es so oder so. Damit tut man niemandem einen Gefallen. Der Mannschaft nicht. Und mir schon gar nicht.

kicker: Ihr früherer Nürnberger Kollege Andreas Wolf hat sogar behauptet, Sie würden noch besser als Mesut Özil.

Gündogan: Wenn ich mich recht erinnere, hat er gesagt, ich könnte besser werden, wenn ich so weitermache. Das ist ein kleiner Unterschied.

kicker: Halten Sie es überhaupt für möglich, einen Level wie Özil zu erreichen?

Gündogan: Der Vergleich mit Özil kommt aufs Gleiche heraus wie der mit Sahin. Natürlich ist es ein Ansporn, irgendwann einmal dieses Niveau zu erreichen. Doch dabei versuche ich, meinen Weg zu gehen und nicht den eines anderen zu kopieren. Weder den von Sahin noch den von Özil. Ich bin ich, und das versuche ich zu bleiben. Ich will alles tun, um von Tag zu Tag besser zu werden.

"Ich bin ein sehr lernfähiger Mensch"

kicker: Inwieweit haben Sie den speziellen, aggressiven Stil der Borussia schon verinnerlicht?

Gündogan: Ich bin ein sehr lernfähiger Mensch, der die Dinge rasch umsetzen kann, sie dann auch dauerhaft beherrscht und versucht, weiter zu perfektionieren. Ich weiß, worauf es beim BVB ankommt. Auf das schnelle Umschalten in beide Richtungen und auf den unbedingten Willen, jedem Ball hinterherzulaufen, ihn zu holen und vernünftig zu spielen.

kicker: Müssen Sie sich in Ihrer Spiel- und Denkweise umstellen?

Gündogan: Klar, in Dortmund sieht der Fußball anders als in Nürnberg aus, aber ich traue mir das zu. Ich habe das Gefühl, dass ich mit meinem Spiel gut in diese Mannschaft passe. Läuferisch wie technisch. Perfekt ist das natürlich noch lange nicht.

kicker: Hat Ihnen niemand vom BVB abgeraten, weil Sie 90 Minuten wie ein Hase rennen müssen?

Gündogan: Wenn am Ende etwas Gutes dabei herauskommt, kann mir nichts Besseres als Dortmund passieren.

kicker: Im Hotel in Bad Ragaz können Sie auch Billard, Tischtennis oder Dart spielen. Wobei entspannen Sie nach drei harten Einheiten?

Gündogan: Drei Einheiten sind anstrengend, vor allem, wenn sie so intensiv sind. Aber das löst immer wieder ein schönes Gefühl aus.

kicker: Schön?

Gündogan: Zu wissen, dass man richtig was getan hat, kann auch Glückshormone freisetzen.

kicker: Und abends fallen Sie todmüde ins Bett?

Gündogan: Ich bin nicht der Typ, der sich dann gleich hinhaut. Ich telefoniere mit der Familie, surfe im Internet oder spiele eine Runde Billard oder Tischtennis. Ich habe auch schon Dart gespielt. Am Montag gab es eine spannende Partie zwischen Felipe Santana, Robert Lewandowski und mir.

kicker: Lassen Sie uns raten: Santana gewann, weil er die mit Abstand längsten Arme hat?

Gündogan: So wie er ausholte, hat er Dart wohl mit Speerwurf verwechselt.

kicker: Hat er wenigstens die Scheibe getroffen?

Gündogan: Ab und zu schon. Wir haben drei Runden gespielt, und jeder hat einmal gewonnen.

Interview: Thomas Hennecke