Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking veränderte seine Startelf nach dem überragenden und europaweit überraschenden 2:0 im Hinspiel des Champions-League-Viertelfinals gegen Real Madrid auf vier Positionen: Torwart Casteels, Träsch, Schäfer und Sturmtank Dost (erstes Spiel seit dem 17. Spieltag, dem 1:3 in Stuttgart ) ersetzten Kapitän Benaglio (nicht im Kader), Vieirinha, Rodriguez (beide Bank) und Draxler (5. Gelbe Karte). Obwohl der starke Auftritt in der Königsklasse und das bevorstehende Rückspiel im Santiago Bernabeu überall Thema war, mussten die Wölfe den Fokus vollends auf die Bundesliga richten. Die Ränge, die für das internationale Geschäft berechtigen, waren nach wie vor ein Stück weit entfernt.
Der Mainzer Coach Martin Schmidt nahm gegenüber dem torreichen 4:2 gegen den FC Augsburg drei Wechsel im Team vor: Donati, Balogun und Kapitän Baumgartlinger starteten anstelle von Bussmann, Hack (nicht im Kader) und Frei (Bank). FSV-Manager Christian Heidel hatte derweil im Vorfeld erkannt: "Wir haben in Wolfsburg eine Riesenchance."
Cordoba hier, Schürrle dort
Um tatsächlich ab der neuen Saison am internationalen Geschäft teilnehmen zu können, agierten die Rheinhessen schließlich auch von Beginn an druckvoll. Malli als hängende Spitze sowie Wandspieler Cordoba setzten die Viererkette der Wölfe kontinuierlich unter Druck, doch Chancen sprangen dabei nicht groß heraus. Lediglich Latza setzte einmal zum Schuss an - und verzog (12.). Auf der anderen Seite probierten sich die Wolfsburger vornehmlich über die rechte Bahn und Bruno Henrique, der frech aufspielte und Gegner immer wieder durch schöne Tricks und sein Tempo aufs Glatteis schickte. Mehr als ein Abschluss des Brasilianers sprang aber auch hier nicht heraus (11.).
Volldampf: André Schürrle lief und probierte in Hälfte eins viel gegen Mainz. picture alliance
Der 29. Spieltag
In der Folge spielte sich das Geschehen großteils zwischen den Sechszehnern ab. Beide Mannschaften agierten dabei auf hohem Niveau mit reichlich Flachpassspiel, standen defensiv aber auch extrem sicher. Da halfen auch inspirierte und stets Versuche von Schürrle nicht, der sich immer wieder im tieferen Mittelfeld Bälle abholte und Vorstöße zu initiieren versuchte. Eine gute Möglichkeit sprang für die Niedersachsen, die sich insgesamt mehr Feldvorteile erarbeiteten, im ersten Durchgang aber dann doch noch heraus: Schürrles Flachschuss endete allerdings bei FSV-Keeper Karius (29.).
Am Rande: VfL-Abwehrboss Naldo hatte eventuell etwas Glück in Abschnitt eins, für einen Zupfer an Cordoba nur Gelb gesehen zu haben (27.). Argumente für Rot wegen Notbremse hätten sich eventuell auch gefunden.
Schürrle belohnt sich und den VfL
Nach dem Seitenwechsel zeichnete sich derweil ein etwas anderes Bild: Mainz hielt sich eher zurück. Auch deswegen, weil der Schmidt-Elf der nötige Zug zum Tor fehlte und Akteure wie Malli nicht ins Spiel fanden. Auf der anderen Seite wurden die Hausherren immer mutiger und pressten immer zeitiger - auch durch den etwas vorgeschobenen Arnold. Die gerechte Belohnung für die Arbeit der Wölfe folgte ebenfalls: Donati vertändelte zunächst den Ball gegen Bruno Henrique, der anschließend Tempo über die rechte Seite machte. Der nach wie vor lauf- und spielfreudige Schürrle zog unterdessen durchs komplette Mittelfeld und hinter die Abwehr, ehe der präzise Flachpass des ballführenden Brasilianers kam. Der Weltmeister blieb final cool und hob das Leder lässig über Torwart Karius hinweg ins Tor. Ein perfekter Angriff (53.).
Mit Jairo kommt die Wende
Zunächst wirkten die Nullfünfer angeschlagen, verunsichert. Es schien, als könnten die Gastgeber einen verdienten Erfolg einfahren. Doch dann reagierte FSV-Trainer Schmidt und brachte Lebensversicherung Jairo für De Blasis (61.). Nachdem zunächst Malli am stark parierenden Casteels gescheitert war (62.), stach der Joker prompt, nachdem er einen Diagonalball von Bell toll verarbeitete, Träsch abkochte und frei vor Casteels eiskalt zum 1:1 abschloss (66.). Es war Treffer Nummer sieben für Jairo (acht Vorlagen). Und nur zwei Minuten später stand es beinahe 2:1, doch Casteels glänzte gegen einen Clemens-Flatterschuss.
Rettete den Mainzern einen Punkt: Joker Jairo Samperio (Mitte). imago
In der Schlussphase, in der Dante binnen fünf Minuten mit Gelb-Rot vom Platz flog (90.+1), egalisierte sich das Geschehen weitestgehend. Doch ein Eindruck tat sich dabei auf: Warum hielt Wolfsburg nach dem 1:0 nicht den Druck aufrecht? Warum blieb Wolfsburg nicht am Drücker? Warum ließ Wolfsburg Mainz zurückkommen und beinahe noch gewinnen: Jairo scheiterte mit der besten Chance am Ende nochmals am aufmerksamen Casteels (85.). Mit dem 1:1 konnten letztlich eher die Rheinhessen leben, die Wölfe dagegen verpassten es, mit einem Dreier wieder dicht ans europäische Geschäft zu hüpfen.
Die Wölfe spielen am Dienstag (20.45 Uhr) bei Real Madrid um den Halbfinaleinzug in der Champions League - und haben nach dem 2:0 im Hinspiel eine sehr gute Ausgangslage. Für Mainz geht es am Sonntag (17.30 Uhr) in der Liga gegen den 1. FC Köln weiter.