Die Ursachenforschung geht weiter. Woran liegt es, dass Werder wieder mal aus der Bahn geworfen worden ist? "Wir sind alle nicht glücklich", meint Zlatko Junuzovic, der sich als einziger in der Nachbetrachtung des 1:3 gegen den HSV der Presse stellte. Die außerdem angefragten Stars wie Claudio Pizarro und Jannik Vestergaard standen indes nicht zur Verfügung beim Auslaufen, das Anthony Ujah (leichte muskuläre Probleme) nicht mitmachte. Weitere Nachricht vom Sonntag, bei dem die traditionelle Weihnachtsfeier mit den Fan-Klubs im Mittelpunkt stand: Aron Johannsson hat nach seiner Operation an der Leiste erstmals ein individuelles Training absolviert.
Das Miteinander sei entscheidend, behauptet der Österreicher Junuzovic. Eine Erwähnung, die bezeichnend ist. Gerade beim Überlebenskampf in der letzten Spielzeit, als alle über die grandiose Aufholjagd nach dem Trainerwechsel von Robin Dutt zu Viktor Skripnik gejubelt hatten, zeichnete die Werder-Truppe ein optimales Innenklima aus. Es stimme weiterhin in der Mannschaft, versichert Junuzovic, der betont: "Nur gemeinsam können wir es auch schaffen, so wie im letzten Jahr, als wir uns da rausgerissen haben."
Eichin: "Uns fehlen fünf bis sechs Punkte"
Dem 28-Jährigen fällt es schwer, für den Absturz "die richtigen Worte zu finden". Es bleibt das Thema an der Weser: Eine Frage der Einstellung? Oder eine Frage der Klasse? Mangelt es diesem Bremer Kader an der Qualität? Unwirsch reagieren die Bosse, wenn die Qualitätsfrage thematisiert wird. "Wir können mithalten", sagt Geschäftsführer Thomas Eichin und spezifiziert: Dies sei bezogen auf die Mehrzahl der Liga-Konkurrenten, nicht auf die Spitzenteams der Spielklasse. Gegen diese setzte es deftige Pleiten, zuletzt das blamable 0:6 beim VfL Wolfsburg. Doch auch gegen Mannschaften auf vermeintlicher Augenhöhe gingen die Grün-Weißen leer aus. So punkteten sie nicht gegen Darmstadt, Hannover und aktuell den Nord-Rivalen HSV. Kommentar zur Lage von Eichin: "Uns fehlen fünf bis sechs Punkte."
Skripnik: "Ich habe etwas anderes von den Jungen erwartet"
Warum? In entscheidenden Spielen, so stellen die Verantwortlichen fest, legten die Werder-Profis nicht die richtige Einstellung an den Tag, mal in der ersten Hälfte, mal in der zweiten, mal über 90 Minuten. Grundtugenden wie die Bereitschaft, sich zu quälen und Zweikämpfe anzunehmen, Kampfkraft und läuferische Qualitäten in die Waagschale zu werfen, wurden vermisst. So geschehen beim Derby, nach dem Torwart Felix Wiedwald selbstkritisch feststellte, erst in der zweiten Hälfte sei die Elf "endlich aufgewacht" und habe mit der nötigen Einstellung die Partie bestritten. Auch Trainer Viktor Skripnik rügte seine Mannen: "Ich habe etwas anderes von den Jungen erwartet."
Den Kontrapunkt setzt mit Junuzovic einer der Stars. Er widerspricht der These von der mangelnden Einstellung. "Ich lege für jeden Spieler meine Hand ins Feuer", so der formschwache Mittelfeldspieler. "Wir hatten alle die richtige Einstellung, haben alles gegeben, um zu gewinnen."
Sie wollten, aber sie konnten nicht
Fazit also, schenkt man der Darstellung von Junuzovic Glauben: Sie wollten, aber sie konnten nicht. Eigentlich ist diese Erkenntnis noch bitterer. Es mangelt Werder einfach an der Klasse, was die Tauglichkeit für die 1. Liga in Zweifel zieht. Mit diesem spärlich besetzten, nur durch eigene Talente aufgefüllten Aufgebot, zumal wenn eingeplante Akteure wie Aron Johannsson im Sturm und Kapitän Clemens Fritz als Leithammel im Zentralbereich ausfallen, ist der einstige Champions-League-Starter nur bedingt konkurrenzfähig. Oder anders: SOS - Werder schwebt in akuter Abstiegsgefahr.