Nationalelf

Viel Lob für Herrmann und die EM im Blick

Mehr Zukunft als Gibraltar

Viel Lob für Herrmann und die EM im Blick

"Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen": Patrick Herrmann überzeugte direkt.

"Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen": Patrick Herrmann überzeugte direkt. Getty Images

Patrick Herrmann hatte sein Trikot mit der Nummer 14 unter den Arm geklemmt und schlenderte damit zum Mannschaftsbus. Für die Souvenirjäger im Kölner Rhein-Energie-Stadion war bei ihm am späten Mittwochabend nichts mehr zu holen, der Neu-Nationalspieler benötigte seine gebrauchte Arbeitskleidung selbst. "Das Trikot wird eingerahmt und in die Wohnung gehängt", grinste Herrmann und verriet weiter: "Ein zweites Trikot habe ich mir auch gleich noch gesichert – das bekommt mein Zwillingsbruder Pascal."

Der 75. Debütant in der Ära von Bundestrainer Joachim Löw war der große Gewinner bei der 1:2-Niederlage gegen die USA. Als hätte er schon immer dazu gehört, drehte der Flügelflitzer gleich in den ersten Spielminuten mächtig auf. Die Power-Antritte, die Herrmann mit viel Übersicht und einem feinen Gespür für den Moment des Abspiels garnierte, belebten das Offensivspiel über die rechte Außenbahn. Die sehenswerte Vorbereitung des Führungstreffers durch Mario Götze zählte zu den Highlights des Abends. "Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen", sagte der gebürtige Saarländer mit glänzenden Augen, "schon einige Minuten zu spielen, wäre traumhaft gewesen. Aber in der Startelf zu stehen, das war einfach nur überragend."

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Chance ganz klar genutzt, ist als Fazit für Herrmanns Premiere festzuhalten. Und so reihte sich nach dem Abpfiff auch Lob an Lob. Von Bastian Schweinsteiger ("Man hat gesehen, welche Fähigkeiten er hat, und wie schnell er mit dem Ball ist.") über Mario Götze ("Ein starkes Debüt.") bis hin zum Bundestrainer. "Patrick hat es sehr gut gemacht und gezeigt, dass er diesen Zug zum Tor hat. Er hat gut umgeschaltet und den Abwehrspieler häufig unter Stress gesetzt", hob Joachim Löw die Leistung des Neulings hervor.

Ich nehme grundsätzliche Dinge mit, vor allem für die nächste Saison. Es gibt Dinge, die wir weiterentwickeln müssen.

Joachim Löw
Joachim Löw und sein Assistent Thomas Schneider

Haben noch viel Arbeit vor sich: Joachim Löw und sein Assistent Thomas Schneider. Getty Images

Löw befasste sich lieber mit einzelnen Erkenntnissen des Spiels als sich über das reine Ergebnis zu ärgern. Schlaflose Nächte überkommen ihn wegen des 1:2 gegen seinen früheren Chef nicht. Unter dem Strich fällt der Niederlage gegen Jürgen Klinsmanns US-Boys tatsächlich nur ein statistischer Wert zu. Als Rhythmusaufnahme für das EM-Qualifikationsspiel gegen Gibraltar am Samstag im portugiesischen Faro taugte der Test allemal.

Nicht jeder Nationalspieler mag den Kurzurlaub schon restlos aus dem Knochen geschüttelt haben, doch für den krassen Außenseiter werden die restlichen Körner mit Sicherheit reichen. Deshalb schaute Löw schon weit über Gibraltar hinaus in die Zukunft. "Ich nehme grundsätzliche Dinge mit, vor allem für die nächste Saison. Es gibt Dinge, die wir weiterentwickeln müssen. Und die erste Halbzeit hat mich bestärkt, dass die Themen richtig waren", sagte der Bundestrainer.

Neben der Abschlussschwäche, die auch gegen die USA zu den Problemfeldern zählte, liegt der Fokus zum Beispiel auf den Schwierigkeiten im Aufbau, wenn der Gegner sehr früh, sehr konsequent und mit vielen Spielern attackiert. "Heute haben wir den Mut gehabt, Ruhe zu bewahren und richtig hinten raus zu spielen", hielt Löw nach dem Abpfiff fest. Desweiteren stehen - Stichwort Ballbesitzmannschaft - Tempo und Tiefe in der Offensivbewegung auf der Agenda. "Wenn wir die Bälle gewinnen, müssen wir in der Lage sein, Tief zu gehen, mit Tempo abzugehen, lange Sprints zu machen. Das hat man in der ersten Halbzeit vermehrt gesehen, da gab es ein blitzartiges Umschalten", freute sich der Bundestrainer und kündigte mit Blick auf die EM-Saison an: "Kombinationen - aber auch Konter zu fahren: Das ist ebenfalls ein wichtiges Thema für die nächsten Monate."

Jan Lustig