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Altherren? Ein Cent! Wie der DFB kleine Klubs "abzockt"

Klubs lamentieren über Paragrafen, Bürokratie und Strafen

Altherren? Ein Cent! Wie der DFB kleine Klubs "abzockt"

"Reicher DFB. Arme Amateurklubs." - die Fortsetzung der kicker-Serie.

"Reicher DFB. Arme Amateurklubs." - die Fortsetzung der kicker-Serie.

Jedes Spiel hat seinen Preis

Die Finanz-, Beitrags- und Gebührenordnungen fallen in den 21 Landesverbänden unterschiedlich hoch aus. Bayern berechnet mit den Meldegebühren auch noch sogenannte IT-Service-Gebühren. Um am Spielbetrieb teilnehmen zu dürfen, müssen die Vereine in Bayern folgende Gebühren entrichten: Regionalliga 2030 Euro (plus die IT-Gebühr 203 Euro), Bayernliga 1674,75 Euro (IT 203), Landesliga 710,50 Euro (IT 203), Bezirksliga 365,40 Euro (IT 182,70), Kreisliga 233,45 Euro (IT 152,25), Kreisklasse 182,70 Euro (IT 131,95) A-Klasse 142,10 Euro (IT 101,50), B-/C-Klasse 101,50 Euro (IT 101,50).

Für die Frauen ist die Teilnahme am Spielbetrieb günstiger. Mit 152,25 Euro für die Klubs in der Bayernliga, 101,50 Euro in der Landesliga, 50,75 Euro in allen anderen Spielklassen und 20,30 Euro für Spiele auf dem Kleinfeld. Die IT-Service-Gebühren müssen bei den Frauen nur die Vereine zahlen, die keine Herrenmannschaft für den Spielbetrieb gemeldet haben. Diese Gebühren betragen je nach Spielklasse zwischen 101,50 und 203 Euro. Zur Kasse gebeten werden auch Firmen- und Behördenmannschaften: 50,75 Euro für die "Feierabendfußballer". Hinzu kommt: Von der 5. bis zur 7. Spielklasse bei den Männern und bis zur 5. bei den Frauen werden die Vereine gezwungen, den BFV-Liveticker zu bedienen - weigern sie sich, müssen pro Partie 30 Euro gezahlt werden.

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Mitkassieren bei den Sponsoren

Der Aufschrei wäre groß, wenn DFB oder DFL dem FC Bayern, dem HSV oder irgendeinem anderen Profiverein Gebühren für die Trikotwerbung abknöpfen würden. Die Amateurklubs werden dazu gezwungen! Ihre Vertreter wettern: "Abzocke!" Unter Bezug auf "§ 1 Son Trikotwerbung Senioren" bitten die Verbände die Vereine (und indirekt deren Sponsoren) zur Kasse. 195 Euro muss der SV Hohenlimburg zahlen, 175 Euro die SpVg Hagen, 140 Euro der Sport-Club Obersprockhövel. Je 85 Euro sind für die TSG Herdecke, den TSV Wengern und den TSV Fichte Hagen fällig. Das sind nur ein paar Beispiele; die Liste dieser "Zwangsabgaben" ist lang...

Ein Cent für die Altherren

Absurdistan lässt grüßen: Der 1. FC Gievenberg, der SC Westfalia Kinderhaus und neun weitere Teilnehmer eines Ü-32-Turniers mussten jeweils einen Cent (!) Startgebühr zahlen. Laut "§ 12f FO/Dufü Startgelder Senioren" - nachzulesen auf Seite 147 der Offiziellen Mitteilungen des Fußballverbandes in Westfalen vom 25. November 2016.

Gebühren für die Integration!

Seine Imagekampagnen hat sich der DFB schon immer viel Geld kosten lassen. 2,5 Millionen Euro investierte der Verband in die mit der Hamburger Agentur Matt/Sports im Jahr 2013 präsentierte Amateur-Kampagne "Unsere Amateure. Echte Profis". Auch Integration wurde in die Kampagne mit TV-Spots und Anzeigen eingebettet, Unterstützung denjenigen Vereinen zugesagt, die sich mit diesem wichtigen Thema beschäftigen. Und dann das: Über zwei Tage fand im Dezember 2016 ein Integrationsturnier der Stadt Iserlohn statt. Hilfe? Für die "Veranstaltungsgenehmigung" stellte der Verband Westfalen 32,10 Euro in Rechnung - mit Verweis auf Paragraf 65 der Spielordnung... Der DFB hält sich in seiner im August 2016 veröffentlichten Mitgliederstatistik zugute: "Flüchtlingsanmeldungen - Beleg für Integrationskraft des Fußballs". Und klar, natürlich bringen auch die neuen Mitglieder Geld in die Kassen der Verbände...

Keine Jugend? Das ist teuer!

imago

Die allgemeine demografische Entwicklung beschäftigt auch die Verbände. Die Zahl der Vereine und Mannschaften ist rückläufig, in einigen Regionen können kleinere Vereine sowohl bei den Senioren als auch bei den Junioren nur noch über die Gründung von Spielgemeinschaften Mannschaften melden. Doch wer nicht die erforderliche Zahl an Jugendteams aufbieten kann, wird hart bestraft. Wie die Vereine Aramäische SG Ahlen und Barisspor Oelde in Westfalen, die in dieser Saison jeweils 500 Euro "Ausgleichsabgabe wegen fehlender Jugendarbeit Saison 2016/17" zahlen müssen. Auch das ist im Paragrafen-Dschungel geregelt (Spielordnung, § 37, Absatz 2).

Jeder Pfiff hat seinen Preis

Die Gebühren für Schiedsrichter bewegen sich zwischen 25 und 750 Euro, für deren Assistenten zwischen 15 und 375 Euro. Ein Auszug aus der Schiedsrichterordnung des Badischen Fußballverbandes: 3. Liga Schiedsrichter 750 Euro, Assistenten 375 Euro, Regionalliga (200/100), Oberliga (60/30), Verbandsliga (45/22,50), Landesliga (40/20), Kreisliga (30/15). In den untersten Klassen sowie für Altherren- und Freizeitmannschaften sind zwischen 20 und 25 Euro fällig; sollten Assistenten im Einsatz sein, erhalten sie 25 Prozent der Summe. Zu allen Beträgen kommen 30 Cent an Fahrtkosten pro Kilometer.

Kein Schiedsrichter - hohe Strafe

Je nach Ligazugehörigkeit und der Anzahl ihrer Mannschaften müssen die Vereine Schiedsrichter stellen. Für viele Klubs ein schwieriges Unterfangen. Wehe dem, der das "Schiedsrichtersoll" nicht erfüllt - und das ist fast die Hälfte aller Vereine. Der TSV Amshausen 1924 musste deshalb zum Beispiel im "4. Quartal 2016 gem. § 37 Abs. 3-5 SpO/WDFV" an den Verband Westfalen 468,75 Euro zahlen. Auch das nur ein Beispiel von vielen.

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Rainer Franzke

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