Bundesliga

Casteels meldet Ansprüche an und sorgt für Irritationen

Ungewöhnlicher Torwartwechsel bei Werder Bremen

Casteels meldet Ansprüche an und sorgt für Irritationen

Soll Raphael Wolf Druck machen: Koen Casteels, neuer Keeper bei Werder Bremen.

Soll Raphael Wolf Druck machen: Koen Casteels, neuer Keeper bei Werder Bremen. imago

Zunächst einmal überzeugte er mit der Sprache. Gutes Deutsch spricht Koen Casteels, konnte somit alle Fragen bei seinem ersten Auftritt in Bremen ohne Dolmetscher beantworten. In Hoffenheim hatte er gepaukt und sehr schnell gelernt, "weil ich der Meinung bin, dass ich im Ausland die fremde Sprache sprechen muss".

Später bei seinem ersten Training im Weserstadion zeigte der neue Torwart bei Werder auch seine Qualitäten in sportlicher Hinsicht. Imposant seine Erscheinung bei einer Körpergröße von 1,96 Metern, was seinen Aktionen auf dem Platz schon eine gewisse Ausstrahlung verleiht. Der Leihspieler vom VfL Wolfsburg, bei dem er gleichzeitig mit dem Engagement in Bremen einen Kontrakt bis 2018 (Ablösesumme: 1,5 Millionen Euro) unterschrieben hat, weiß, was er kann, und untermauerte seine Ansprüche, die er an seiner neuen Wirkungsstätte verfolgen will.

Spielersteckbrief Casteels
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Spielersteckbrief Wolf
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Strebinger

Strebinger Richard

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Wiedwald

Wiedwald Felix

Bundesliga - Topspieler (Tor) 2014/15
FC Schalke 04 Fährmann Ralf
2,47
Eintracht Frankfurt Wiedwald Felix
2,61
SC Freiburg Bürki Roman
2,72

Geschätzte Leihgebühr: 150.000 Euro

"Mein Anspruch ist es nicht, auf der Tribüne zu sitzen", sagte er. Im Training werde er alles geben. Alles werde sich, so der für eine geschätzte Leihgebühr von 150.000 Euro geholte Belgier weiter, auf dem Platz entscheiden. Dabei vermittelte er nicht den Eindruck, als wolle er sich in der Torwart-Hierarchie hinten einordnen. Wer wollte, konnte dies sogar als eine Kampfansage in Richtung Raphael Wolf verstehen, dem sie bei Werder bei den Irrungen und Wirrungen, den der unerwartete und ungewöhnliche Torwartwechsel in den letzten Tagen ausgelöst hatte, als Nummer eins positioniert haben.

Mein Anspruch ist es nicht, die Nummer drei zu sein.

Richard Strebinger

Dies betonte am Donnerstag, als nach Hoffenheim und Wolfsburg auch der hanseatische Erstligist den seit zwei Tagen bekannten Deal offiziell bestätigte, nochmals Thomas Eichin. Mit einem jungen, aber Bundesliga-erfahrenen Keeper sei Wolf, die klare Nummer eins, "perfekt abgesichert worden durch Richard Strebinger und Koen Casteels". Doch der Geschäftsführer sprach auch davon, dass nun schön Druck auf dem Kessel liege. Und er konkretisierte dies mit dem Verweis auf den internen Konkurrenzkampf: Die Nummer eins, also der sowohl von ihm als auch von Trainer Viktor Skripnik so eingestufte Wolf, werde "nun unter Druck gesetzt".

Aussagen bei der Casteels-Premiere, die nur diesen Schluss zulassen: Der Neue aus dem Kraichgau dürfte in der Rangfolge der nunmehr vier Torhüter die Nummer zwei sein - zumindest die Nummer zwei mit der Perspektive, schnell eingreifen zu wollen und können, sollte sein Rivale Wolf nur die kleinste Schwäche zeigen.

Burdenski hält Casteels' Verpflichtung für überflüssig

Dass diese Entwicklung bei den bisherigen Reservisten zwischen den Werder-Pfosten nicht gut ankam, ist folgerichtig. Der zur U 23 zurückgestufte Nachwuchsmann Raif Husic (18), im Sommer erst von Bayern München geholt, zeigte sich "nicht ganz glücklich. Es ist nicht ganz so einfach." Verständnis für die Maßnahme brachte er nicht auf. Auch Richard Strebinger, der 21 Jahre alte Österreicher, der gegen Ende der Hinrunde den verletzten Wolf vertreten hatte, wirkte irritiert und gab zu Protokoll: "Mein Anspruch ist es nicht, die Nummer drei zu sein."

Unverständnis rief diese Transferangelegenheit auch bei den Altinternationalen hervor. Bei einer Podiumsdiskussion bezeichnete Dieter Burdenski, die Torwart-Ikone, das Holen von Casteels als überflüssig. Bei dem geringen finanziellen Spielraum, der dem Verein auch in diesem Winter zur Verfügung stehe, kritisierte "Budde", hätte man das wenige Geld besser anlegen können. Eine Argumentation, der sich auch Ex-Nationalspieler Max Lorenz anschloss: "Ich verstehe nicht, warum man sich jetzt ein Torwartproblem schafft."

Casteels - Platzhalter für Wiedwald

Es wird spannend auf der Torwartposition bei Werder. Interessant in der Rückserie, aber auch im kommenden Sommer, wenn Casteels wie vertraglich festgelegt nach Wolfsburg wechselt. Als Eichin zu dieser Konstruktion befragt wurde, deutete er die Variante an, die an der Weser vermutet wird: Zur neuen Saison könnte aus Frankfurt der "verlorene Sohn" Felix Wiedwald kommen, mit dem vor Beginn des Trainingslagers die Torwart-Geschichte begonnen hatte. Eichin sagte: "Vielleicht haben wir für den Sommer schon etwas Neues."

Bekanntlich hatte Eichin ein Auge auf den 24-Jährigen geworfen, was Kollege Bruno Hübner ausplauderte. Wiedwald muss bei der Eintracht bleiben, erhielt keine Freigabe in diesem Transferfenster. Doch falls er nicht in Frankfurt verlängert, weil er an Kevin Trapp nicht vorbeikommt, könnte er ablösefrei zu Werder wechseln, wo er bereits von 1999 bis 2011 gespielt hat.

"Nur wenig geredet": Casteels sah in Hoffenheim keine Perspektive mehr

Casteels also der Platzhalter für Wiedwald, der Wolf erst recht Dampf machen könnte. Den Newcomer Casteels stört seine Rolle nicht. Das Engagement bei Werder betrachtet der 22-Jährige, der nach seinem Schienbeinbruch die WM verpasst hat und in Hoffenheim nicht mehr auf die Beine gekommen ist, als "neue Herausforderung" und als neue Chance. Bei seinem alten Klub, so Casteels, habe er keine Chance mehr gesehen, "die Nummer eins oder zwei, sogar die Nummer drei zu werden".

Dabei betont er, dass er möglicherweise zum falschen Zeitpunkt bei dem Verein angeheuert habe: "So etwas habe ich noch nie erlebt. Ich hatte in drei Jahren fünf Trainer und drei Manager." Anfangs sei es noch ganz gut gelaufen. Doch nach seiner schweren Beinverletzung, übte Casteels indirekt Kritik an den Verantwortlichen bei dem Südwest-Klub, "haben sie nur noch wenig mit mir geredet".

Hans-Günter Klemm