Regionalliga

Die Stunde Null bei Carl Zeiss

Jena: Der Niedergang ist auch eine neue Chance

Die Stunde Null bei Carl Zeiss

Stehen mit dem FC Carl Zeiss vor einer schweren Aufgabe: Präsident Rainer Zipfel und Trainer Petrik Sander (re.).

Stehen mit dem FC Carl Zeiss vor einer schweren Aufgabe: Präsident Rainer Zipfel und Trainer Petrik Sander (re.). imago

Und wieder steht Jena vor der Stunde null. Jenen Profis, die in der vergangenen Saison den Jenaer Dress trugen, weint Zipfel keine Träne nach. "Wer gehen will, soll gehen. Diese Mannschaft ist abgestiegen", sagt Zipfel trotzig. Die Truppe war mehr eine "legio Jenensis" denn eine echte Mannschaft. Nur Angreifer Sebastian Huke und Torwart Patrick Siefkes besitzen aktuell einen gültigen Arbeitsvertrag bei den Thüringern. Robert Zickert, der vor einem Jahr aus Cottbus kam, kann sich vorstellen zu bleiben, auch Torwart Tino Berbig - er wäre der einzige Leistungsträger, der bereit ist, die eingebrockte Suppe auch wieder auszulöffeln. Der Rest der Spieler verdingt sich fortan woanders. "So ist das eben heute, da brauchen wir uns keinen Illusionen hingeben", sagt Zipfel.

Der Chef wird fortan einen anderen Kurs fahren als seine Vorgänger: Statt gut bezahlter Profis - in der Spitze verdiente man in Jena etwa 20 000 Euro brutto pro Monat in Liga drei - sollen nun wieder die eigenen Talente ihre Chance erhalten. Sebastian Fries nennt Zipfel da, jenen Offensivmann aus der A-Jugend, der seit einem Jahr schon Profiluft schnuppern darf. Dazu kommen Jungspunde wie Flügelflitzer Tino Schmidt oder der kantige Innendecker Marius Grösch aus der A-Jugend. "Fünf bis sieben Junioren sollen in den Profi-Kader aufrücken", sagt Zipfel.

Trainersteckbrief Sander
Sander

Sander Petrik

Spielersteckbrief Huke
Huke

Huke Sebastian

Spielersteckbrief P. Siefkes
P. Siefkes

Siefkes Patrick

Spielersteckbrief Berbig
Berbig

Berbig Tino

Spielersteckbrief R. Zickert
R. Zickert

Zickert Robert

Carl Zeiss Jena - Vereinsdaten
Carl Zeiss Jena

Gründungsdatum

13.05.1903

Vereinsfarben

Blau-Gelb-Weiß

mehr Infos

Die Stunde null wird in Jena auch ernst genommen - und als Chance begriffen. Den meisten Vereinen ist man in Sachen professionelles Umfeld in der neuen Regionalliga voraus. "Leipzig, Magdeburg und die zweiten Mannschaften arbeiten unter den gleichen oder ähnlichen Bedingungen wie wir", sagt Zipfel. Diesen Vorteil wolle man mittelfristig für die Rückkehr ins Profigeschäft nutzen. Gleich im ersten Jahr direkt wieder aufzusteigen, werde sehr schwer, wie Zipfel bemerkt. "Topfavorit ist für mich Rasenballsport Leipzig", sagt der Vereinschef. Er selbst steckt das Ziel für seinen FCC so ab: "Unter die ersten drei wollen wir kommen".

Wer gehen will, soll gehen. Die sind abgestiegen.

Rainer Zipfel, Präsident

Das Potential sollte angesichts eines Zwei-Millionen-Etats zusammenkommen. Etwa 1,2 Millionen Euro will man in die Gehälter der Spieler der ersten Mannschaft stecken. Auch in den Trainerstab. Und hier kündigt Zipfel für Ende dieser Woche eine Entscheidung an: "Petrik Sander könnte es werden, es sieht auch gut aus", sagt Zipfel augenzwinkernd. Sander möchte in seinem Stab aber einige Ex-Cottbuser um sich scharen: Miroslav Jovic als Scout, Thomas Hoßmang als Co-Trainer, den streitbaren Tomislav Piplica als Torwarttrainer und Dirk Keller als Fitness-Trainer. Zipfel betont, dass dies alles kein Problem sei, wenn die genannten Kandidaten auch den arg abgespeckten finanziellen Rahmen ihres Engagements akzeptieren.

Bis Ende Juni, wenn der Trainingsauftakt steigen soll, werde die Mannschaft nahezu komplett sein, da müsse sich keiner Sorgen machen. Es werde ein neues, hungriges und vor allem ein "Jenaer" Team sein, das dann in der Regionalliga vorn mitmischen soll. Stephan Peßolat vom Chemnitzer FC könnte eine neue Stütze im Defensivverbund sein, der die jungen Wilden anführt. Die Spieler vor ihrer Verpflichtung kennenlernen, ihre Stärken und Schwächen - das werde fortan das Credo sein. Damit nicht wie im vergangenen Sommer Profis wild durcheinander verpflichtet werden. Was dabei herauskommt, hat man schmerzlich erfahren. Der einstige Zweitligist ist zurück in die eigene Vergangenheit katapultiert worden.

Nun aber alles auf null, ohne va banque und vor allem: immer mit der Ruhe. "Gut Ding will schließlich Weile haben", sagt Zipfel und lacht.

M. Ulbrich