Bundesliga

"Es funktioniert nicht mehr": Eggimann beendet Karriere

Rücktritt nach 126 Erst- und 160 Zweitligapartien

"Es funktioniert nicht mehr": Eggimann beendet Karriere

Mario Eggimann tauscht die Trainingssachen gegen das Bürooutfit und will Spieler bei Veränderungen begleiten.

Mario Eggimann tauscht die Trainingssachen gegen das Bürooutfit und will Spieler bei Veränderungen begleiten. imago

kicker: Herr Eggimann, Sie haben sich entschlossen, Ihre Laufbahn zu beenden. Warum?
Mario Eggimann (34): Ich musste erkennen, dass es auf höchstem Niveau nicht mehr funktioniert. Ich habe seit längerer Zeit Probleme mit den Sprunggelenken. Ich habe versucht, es noch mal in den Griff zu bekommen, aber in Ansprache mit den Ärzten habe ich entschieden, aufzuhören.
kicker: Haben Sie Probleme im Alltag?
Eggimann: Glücklicherweise fast keine, darüber hin ich sehr froh. Die Beschwerden treten nur unter Fußballbelastung auf.
kicker: Ist Ihr Entschluss aufzuhören kurzfristig gefallen oder das Resultat längerer Überlegungen?
Eggimann: Ich bin jetzt 34. In diesem Alter macht man sich generell Gedanken, wie lange es noch geht. Ich habe mich schon darauf vorbereitet. Ich habe eine klare Vorstellung, was ich machen werde und werde zeitnah damit starten.

Ich habe viele Situationen in meiner Karriere erlebt, positive und schwierige Momente.

Mario Eggimann

kicker: Was machen Sie künftig?
Eggimann: Ich werde die Firma Sports Transfer gründen, gemeinsam mit einer Kollegin. Wir wollen Führungskräfte in Vereinen und Spieler bei Veränderungen begleiten. Ich habe viele Situationen in meiner Karriere erlebt, positive und schwierige Momente. Meine Kollegin bringt 20 Jahre Erfahrung als Unternehmensberaterin und in der traumatherapeutischen Intervention ein. Ich habe mich schon länger damit auseinander gesetzt, was im nötig ist, um leistungsfähig und gesund zu bleiben. Unser Konzept zielt darauf ab, Stress abzubauen. Viele Verletzungen entstehen zum Beispiel durch Überbelastung, auch durch mentale. Dem kann man vorbeugen.

Eggimann: "Der Fußball wird mir fehlen"

kicker: Wie hat sich der Profifußball in den Jahren Ihrer Karriere verändert?
Eggimann: Der Sport und das, was um den Sport herum passiert, sind sehr viel intensiver und fordernder geworden. Medien, Fans, Sponsoren, Soziale Netzwerke: Es ist alles mehr geworden, man muss viel vorsichtiger sein, was man sagt und tut. Das Spiel an sich ist viel schneller und körperlich intensiver geworden. Als ich jung war, durften die älteren Spieler unter der Woche mal die eine Trainingseinheit auslassen und haben das im Spielt mit ihrer Erfahrung wett gemacht. Heute musst du topfit sein, sonst hast du keine Chance.
kicker: Wird Ihnen der Fußball fehlen?
Eggimann: Klar, wird er. Aber ich versuche, so nah wie möglich dran zu bleiben.
kicker: Werden Sie künftig noch in Prominenten-Teams oder in der Kreisliga kicken?
Eggimann: So etwas würde ich gerne machen, wenn es mit der Verletzung geht. Ich liebe den Fußball einfach sehr. Aber konkret habe ich mich noch nicht damit befasst.
kicker: Spüren Sie auch eine gewisse Erleichterung, dass Sie dem Druck des Profigeschäfts nicht mehr ausgesetzt sind?
Eggimann: Nein. Wenn man jung ist, kriegt man das gar nicht so mit. Je älter man wird, desto mehr bekommt man mit, dass das Geschäft ganz schön fordernd ist. Irgendwann passt man sich an. Mit meinem heutigen Wissen würde ich gerne noch weiterspielen. Aber es absolut in Ordnung, dass ich jetzt aufhöre.

Mario Eggimann wird bei Union Berlin verabschiedet

Im Mai 2015 wurde Mario Eggimann bei Union Berlin verabschiedet. imago

Viele Fußballer sind keine Millionäre

kicker: Müssen Sie überhaupt noch arbeiten?
Eggimann: Durch die Möglichkeit, dass ich mit dem Fußball einiges Geld verdienen konnte, muss ich jetzt nichts unter Druck machen. Aber das Thema Gehälter im Profifußball wird mir zu wenig sensibel behandelt. Die meisten meiner Kollegen haben nicht die Gehälter, die man sich so vorstellt. Viele sind keine Millionäre. Die, die das sind, sind eher in der Minderzahl.
kicker: Sind Sie mit Ihrer Karriere zufrieden?
Eggimann: Ja. Ich durfte viele Dinge erleben, die ich mir immer gewünscht habe. Natürlich hätte ich gerne noch ein Jahr weiter gespielt, aber es ist wie es ist. Ich bin niemand, der sich viele Gedanken darüber macht: Was wäre, wenn...
kicker: Sind Sie traurig darüber, still abgetreten zu sein und nicht mit großem Hurra?
Eggimann: Ich war nie jemand, der es gebraucht hat, im Mittelpunkt zu stehen. Man braucht es oder man braucht es nicht.
kicker: Haben Sie vor, als Trainer oder Manager in den Profifußball zurückzukehren?
Eggimann: Erst mal nicht. Ich verfolge das, was ich mir jetzt vorgenommen habe. Andere Gedanken mache ich mir nicht, dazu ist mir meine künftige Aufgabe zu wichtig.

Hannover hat sich in den vergangenen Jahren zu einem wirtschaftlich guten, mittelständischen Bundesligisten entwickelt. Früher war der Verein zwischen erster und zweiter Liga.

Mario Eggimann

kicker: Sie haben in Deutschland für den KSC, Hannover 96 und zuletzt für Union Berlin gespielt. Wie beurteilen Sie die Entwicklung Ihrer Ex-Klubs?
Eggimann: Beim KSC leisten die Verantwortlichen nach einer schwierigen Zeit wieder tolle Arbeit. Letztes Jahr hat es fast mit dem Aufstieg in die Bundesliga geklappt. Bei Hannover 96 sind die Ansprüche sehr hoch. Man sollte aber sehen: Hannover hat sich in den vergangenen Jahren zu einem wirtschaftlich guten, mittelständischen Bundesligisten entwickelt. Früher war der Verein zwischen erster und zweiter Liga. Bei Union sind die Ansprüche auch hoch. Nun muss die Mannschaft zeigen, dass sie ihnen gerecht wird.
kicker: Hat Union das Zeug, irgendwann in der Bundesliga zu spielen?
Eggimann: Vor einigen Jahren war Union eine graue Maus in der 2. Liga. Der Verein hat ein unheimliches Potenzial und sich in der jüngeren Vergangenheit im Umfeld schnell enorm weiterentwickelt. Siehe Etat, siehe das Stadion. Dass die sportliche Entwicklung genauso schnell voran geht, ist sehr schwierig. Das dauert in der Regel etwas länger. Aber ich kann mir vorstellen, dass Union in künftig der Bundesliga eine Rolle wie Mainz, Augsburg oder auch Freiburg spielen kann.

Interview: Andreas Hunzinger