Bundesliga

Geisterspiele: Profis vermissen die Fans

Drei Partien unter Ausschluss der Öffentlichkeit und die Lehren

Geisterspiele: Profis vermissen die Fans

Kabinettstückchen ohne Zuschauer: Bremens Zlatko Junuzovic.

Kabinettstückchen ohne Zuschauer: Bremens Zlatko Junuzovic. imago

Auch für diejenigen, die direkt beteiligt gewesen sind, war es eine neue Erfahrung. Dabei waren die Profis, zumindest die, die in Hannover vor leeren Rängen übten, nicht besonders erfreut über das Geisterspiel, wie es am Samstag im weiten Rund der HDI-Arena abgelaufen ist. "Wie Jugend trainiert für Olympia", so hatte sich beispielsweise Bremens Kapitän Clemens Fritz gefühlt nach der mitunter unwirtlichen Vorstellung auf dem neu verlegten Rasen in dem WM-Stadion von 2006. Nein, so waren die Anmerkungen des Oldtimers zu deuten, dies müsse er nicht unbedingt nochmals haben. Fritz gab an, dass er sich auf die normalen Bedingungen beim Rückrundenstart am nächsten Wochenende freue: Stimmung auf den Rängen, Jubel der Fans oder aber auch durchaus mögliche gegenteilige Emotionen wie Pfiffe, auf jeden Fall Reaktionen der zahlenden Kundschaft.

Es war ein Testspiel und fertig.

96-Trainer Tayfun Korkut zum Geisterspiel gegen Bremen

Rufe waren in Hannover auch zu hören. Die Rufe und Kommandos der Spieler während der Partie. Die wenigen Vertreter der beiden Vereine, die ebenso zugelassen waren wie die Repräsentanten der Medien, eine Handvoll Ordner und die obligatorischen Balljungen, hörten alles, was die Spieler von sich gaben. Ansonsten bei der üblichen Geräuschkulisse in den voll besetzten Stadien sind diese Zwischenrufe nicht zu vernehmen. "Mitunter auch für uns Spieler nicht", wie Fritz bestätigte.

Junuzovic: "Total nervig"

Diese Momente waren also auch für das kickende Personal mehr als gewöhnungsbedürftig. "Total nervig", fand beispielsweise der Bremer Nationalspieler Zlatko Junuzovic dieses "Geschrei", wie er betonte: "Man hat ja jedes Wort verstanden. Das war ja der Wahnsinn." Der Österreicher jedenfalls ist froh, "dass wir am kommenden Sonntag wieder mit Fans spielen. Das ist deutlich angenehmer."

Relativ emotionslos hatte Tayfun Korkut den Nachmittag bei heftigem Schneegestöber erlebt. "Die Mannschaft freut sich immer, wenn volles Haus ist und wir super Unterstützung haben, diesmal war es nicht so", so der 96-Coach, der schnell einen Schlussstrich zog: "Es war ein Testspiel und fertig."

Die Atmosphäre bei diesem Test unter Ausschluss der Öffentlichkeit in der riesigen Betonschüssel am Maschsee war noch extremer als beim ersten Vergleich der beiden Mannschaften unter ähnlichen Vorzeichen. Damals im August 2014 hatten sich Werder und 96 zu einem Test auf Platz 11 im Weserstadion getroffen, einer wesentlich kleineren Anlage, wo das Proben ohne Fans nicht so auffiel. Gestern wie heute wurden Sicherheitsbedenken für die Maßnahme, das Publikum nicht zuzulassen, als Argumente angeführt.

Geisterspiele auch in Mainz und Hamburg

Geisterspiel in Hannover, Geisterspiele auch in Mainz und in Hamburg. Wobei es an diesen Standorten unterschiedliche Beweggründe für diese Versuche gab.

In Hamburg, wo am Nachmittag Trainer Joe Zinnbauer gegen Odense BK die Überprüfung der Form ansetzte, wollten die Verantwortlichen eine Kollision mit der wichtigen Mitgliederversammlung vermeiden. Im CCH an der Alster sollten möglichst viele Mitglieder bei dem Treffen erscheinen. Daher waren keine Fans in der Arena zugelassen, wohl aber Medienvertreter.

Anders die Ausgangslage in Mainz, wo Leverkusen gastierte. "Auf Wunsch der beiden Trainer", so lautete die offizielle Begründung, gab es im alten Stadion am Bruchweg eine Partie, bei dem niemandem, also auch der Presse, Eintritt gewährt worden war. Ganz im Geheimen sollte also getestet werden, wobei sich das Gerücht hartnäckig hält, die Idee sei in Leverkusen geboren worden. Das ergab eine schon bizarre Konstellation: Drei Kleintransporter wurden dort geparkt, um Sichtschutz zu ermöglichen, wo die Gegebenheiten sonst einen Einblick auf das muntere Treiben gestattet hätten. Dreimal 45 Minuten lief die Begegnung, an deren Ende es keine Pressemitteilung gab, sondern lediglich einen knappen Eintrag auf der Mainzer Homepage, aus der dies hervorgeht: Insgesamt wurden sage und schreibe 46 Spieler auf beiden Seiten eingesetzt.

Hans-Günter Klemm