Bundesliga

Vier Kandidaten für die Zehn: Luhukay hat die Qual der Wahl

Berlin: Ronny hofft gegen Bruder Raffael auf die Startelf

Vier Kandidaten für die Zehn: Luhukay hat die Qual der Wahl

Zwei der Kandidaten für die Zehn in Herthas Startelf: Ronny und Salomon Kalou.

Zwei der Kandidaten für die Zehn in Herthas Startelf: Ronny und Salomon Kalou. picture alliance

Im Sommer galt Alexander Baumjohann als erste Wahl für die Regie-Rolle, doch der zweite Kreuzbandriss binnen eines Jahres zertrümmerte die Planspiele. Auch Tolga Cigerci, vor einem Jahr im offensiven Mittelfeld als Antreiber extrem wertvoll, fällt seit einer Zehen-Operation im Juli aus und hat in dieser Saison noch keine Minute auf dem Platz gestanden.

Und jetzt hat sich auch der Schweizer Nationalspieler Stocker, der in den vergangenen drei Berliner Bundesliga-Spielen auf der Zehn agierte, ins Lazarett verabschiedet. Er wird am Samstag in Mönchengladbach ebenso fehlen wie eine Woche darauf im Heimspiel gegen Borussia Dortmund. Selbst eine längere Pause wird klubintern nicht ausgeschlossen. Luhukay muss erneut improvisieren - und hat gleich vier Optionen.

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Ronny (28, acht Saison-Einsätze, drei Tore, kicker-Notenschnitt 3,58): Verlor nach dem 6. Spieltag (0:1 in Augsburg) seinen Stammplatz, wurde in drei der vergangenen vier Spiele für die letzte halbe Stunde eingewechselt. Er hofft inständig darauf, Stockers Platz einzunehmen - auch, weil es am Samstag gegen seinen Bruder Raffael geht. Im Vorjahr verpasste Ronny das erste mögliche Duell, weil er im Oktober 2013 beim Spiel in Berlin (1:0 für Hertha) 90 Minuten auf der Bank blieb. Beim Rückspiel im März (0:3 in Gladbach) spielte er durch (Note 4).

Raffael ruft Ronny zu harter Arbeit auf

"Ich werde Gas geben und mich anbieten", sagt der Brasilianer, dessen überragende Schusskraft und exzellente Spielübersicht seine Defizite (Robustheit, Tempohärte) nie ganz kaschieren können. Raffael sagt über seinen ein Jahr jüngeren Bruder: "Für ihn läuft es derzeit nicht gut bei Hertha, er ist unzufrieden. Das muss er mit harter Arbeit ändern."

Salomon Kalou (29, elf Saison-Einsätze, vier Tore, kicker-Notenschnitt 3,63): Den Platz im Sturmzentrum wird der Ivorer wohl auch in Gladbach nicht einnehmen, dort hat sich Konkurrent Julian Schieber vorläufig festgespielt. Jetzt muss Kalou darauf hoffen, hinter oder neben Schieber auflaufen zu dürfen. Zu viel Egoismus, zu wenig gewonnene Zweikämpfe, zu viele Phasen, in denen er abtaucht: Der Ex-Chelsea-Star steht intern in der Kritik, er fremdelt noch etwas mit den Anforderungen bei seinem neuen Klub.

Nach außen hin behält Kalou die Ruhe ("Ob mit mir oder ohne mich - Hauptsache, wir gewinnen."), innerlich beschäftigt ihn seine Situation enorm. Auffällig: Er macht vorn die Bälle nur ungenügend fest - und konnte auch deshalb den im Sommer nach fünf Jahren in Berlin nach Dortmund abgewanderten Adrian Ramos noch nicht ersetzen. Zuletzt watschte ihn Coach Luhukay öffentlich ab ("Salomon muss daran arbeiten, für das Team wertvoller zu werden."). Kalous Berater hatte im Sommer auch mit Mönchengladbach Kontakt, am Ende entschied sich der Angreifer für Berlin.

Ist Kalou auf Linksaußen gefährlicher?

Im Nationalteam der Elfenbeinküste legte er zuletzt in der Afrika-Cup-Qualifikation starke Auftritte hin, doch den Wechsel von Lille nach Berlin hat er noch nicht zufriedenstellend hinbekommen. Allerdings sagen nicht wenige Kenner der englischen Premier League, wo Kalou von 2006 bis 2012 für den FC Chelsea stürmte, dass er als Linksaußen gefährlicher ist als im Zentrum.

Per Skjelbred (27, zehn Saison-Einsätze, kein Tor, kicker-Notenschnitt 3,50): Der Norweger, zuletzt im Klub wegen der Ausfälle von Fabian Lustenberger und Peter Pekarik Interims-Kapitän, ist einer der wenigen einigermaßen konstanten Berliner in dieser Saison. Extreme Laufstärke, schnelles Umschalten, eine Top-Mentalität, dazu seine Vielseitigkeit - Skjelbred ist bei Luhukay derzeit gesetzt. Allerdings bot er seine stärksten Leistungen zumeist als Bindeglied zwischen Herthas Sechser Hajime Hosogai und dem Zehner.

"Ich komme auf der Sechs, auf der Acht und auf der Zehn zurecht", sagt Skjelbred. "Ich habe keine Lieblingsposition." Auf der Zehn durfte er sich zuletzt in Paderborn (0:3) probieren - mit bescheidenem Erfolg. Gegen den Ball ist er mit seinem Fleiß eine Bank, in Ballbesitz wirkt sein Spiel bisweilen noch zu fahrig. An Präzision im letzten Drittel muss er zulegen - aber damit ist Dauerläufer Skjelbred (12,17 Kilometer pro Spiel im Schnitt) bei Hertha in bester Gesellschaft.

Änis Ben-Hatira (26, sieben Saison-Einsätze, zwei Tore, kicker-Notenschnitt: 3,60): Der Deutsch-Tunesier trägt die 10 auf dem Rücken - und er spielt sie ausgesprochen gern ("Zentral - das wird immer meine Lieblingsrolle bleiben. Links dauert es halt manchmal länger, bis man den Ball bekommt."). Der Offensiv-Allrounder, 2009 mit der deutschen U-21-Auswahl Europameister, hat zwei grundlegende Probleme: mangelnde Beständigkeit und eine gewisse Verletzungsanfälligkeit.

An guten Tagen bereitet er ganzen Abwehrreihen kollektiven Schwindel, an anderen Tagen verzweifelt an ihm nur einer: der eigene Trainer. "Änis hat das gewisse Extra", sagt Luhukay. In der Tat verleiht Ben-Hatira der oft zu schematisch agierenden Hertha-Offensive eine anarchische Note, die das Berliner Spiel bereichert. Er sagt über sich: "Ich spiele unberechenbar und mit Risiko - das ist mein Stil."

Luhukay: "Am Ende ist es eine Frage der Balance und der Abstimmung"

Zuletzt war er eine feste Größe auf dem linken Flügel. Sollte Luhukay Ben-Hatira auf dessen Lieblingsposition in die Mitte schieben, wäre links Platz für Kalou - oder für den schnellen Genki Haraguchi. Mit dem Japaner und Roy Beerens auf den Seiten und Ben-Hatira dazwischen hätten die Berliner in Gladbach viel Speed auf dem Platz, aber darum allein geht es nicht. "Am Ende ist es eine Frage der Balance und der Abstimmung", sagt Luhukay. Zwei Abende bleiben ihm noch zum Tüfteln.

Steffen Rohr