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Das kosten Stinkefinger & Co.

Beleidigungen führen zu Geldstrafen und Fahrverboten

Das kosten Stinkefinger & Co.

Das sollte man besser bleiben lassen: Wer anderen obszöne Gesten zeigt, riskiert Geldstrafen und sogar ein Fahrverbot.

Das sollte man besser bleiben lassen: Wer anderen obszöne Gesten zeigt, riskiert Geldstrafen und sogar ein Fahrverbot. ARAG

Im Straßenverkehr ist man beinahe so anonym unterwegs wie im Internet. Im einen wie dem anderen Fall führt das dazu, dass im Umgang miteinander oft jedwede Schranken fallen, was guten Benimm betrifft. Aus dem Schutzraum Auto heraus werden andere dann beschimpft und mit unschönen Gesten beleidigt. Während die Verbalattacken häufig ungehört verhallen, sind Stinkefinger & Co. aber eine nicht zu ignorierende Form der Missachtung.

Als Kavaliersdelikt lassen die Gerichte derartige Pöbeleien nicht durchgehen. "Juristisch kann es sich bei Vogel, Stinkefinger oder ausgestreckter Zunge um eine Beleidigung und damit eine Straftat nach dem Strafgesetzbuch handeln", warnt die Arag-Rechtsschutzversicherung. Heißt: Wer sich solcherart gehen lässt, muss mit Strafe rechnen.

10 bis 30 Tagessätze als übliches Maß

Bei Beleidigungen im Straßenverkehr wird üblicherweise eine Geldstrafe verhängt, die durchschnittlich 10 bis 30 Tagessätzen entspricht. Der Tagessatz errechnet sich aus dem monatlichen Nettoeinkommen des Schuldigen, das durch 30 geteilt wird. Allerdings gibt es ein Höchstmaß, es liegt bei 30.000 Euro.

Wer einem Mitmenschen im Straßenverkehr den Vogel zeigt, kann mit 20 bis 30 Tagessätzen zur Kasse gebeten werden. Im Falle eines monatlichen Nettoeinkommens von 1500 Euro wären das 1000 bis 1500 Euro. Der Stinkefinger stellt eine deutlich unflätigere Beleidigung dar, deshalb wird er auch mit einer höheren Strafe belegt – 40 Tagessätze sind schon vorgekommen. Dagegen ist das etwas alberne Rausstrecken der Zunge mit durchschnittlich 150 Euro abgegolten. Und dann ist da noch die Scheibenwischergeste, die dem Widerpart gewisse intellektuelle Defizite suggeriert und für die 1000 Euro fällig werden können. Wer seinem Unmut mittels eines aus Daumen und Zeigefingers gebildeten A Luft macht, ist schnell mit bis zu 750 Euro dabei.

Umstrittener Doppelvogel

Als "umstritten" bezeichnen die Arag-Experten den sogenannten "Doppelvogel", bei dem sich der Wüterich mit beiden Zeigefinger an beide Schläfen tippt. Vor Gericht wurde diese Geste schon mal als Beleidigung eingestuft und mit 40 Tagessätzen geahndet; die Richter des Oberlandesgerichts Düsseldorf hingegen sahen in einem ähnlichen Fall keine Ehrverletzung gegeben (OLG Düsseldorf, Az. 5 Ss 383/95-21).

Streit zwischen Autofahrer und Radlerin

Wortgefecht: Autofahrer und Radler geraten im Straßenverkehr immer wieder aneinander. ADAC/ampnet

Straffrei kommt davon, wer sich mit der Hand an die Stirn schlägt, theatralisch die Hand vor die Augen hält oder den Kopf angewidert wegdreht. Auch wenn eine Beleidigung postwendend zurückgegeben wird ("selber Depp"), erklärt der Richter möglicherweise beide oder einen Beteiligten für straffrei.

Aus ihrem reichhaltigen Erfahrungsschutz wissen die Arag-Fachleute von einem vermeintlich schlauen Dreh zu berichten: Einer indirekten Missfallenskundgebung nämlich, die sich dann folgendermaßen anhört: "Am liebsten würde ich Sie jetzt A…loch nennen!" Auch solche Verbalschwurbeleien stellen aber eine Straftat dar und bewahren nicht vor rechtlichen Konsequenzen.

Bei Polizisten wird es besonders teuer

Besonders kostspielig wird es, wenn ein Polizist oder eine Politesse zum Objekt obszöner Gesten wird. Das finden Richter schon gleich gar nicht lustig, denn die genannten Personen repräsentieren die Strafgewalt. Der ausgestreckte Mittelfinger kann also mit bis zu 4000 Euro bestraft werden. Und noch eine Warnung sprechen die Rechtsexperten aus: "Eine Beleidigung kann auch dann vorliegen, wenn sich der Stinkefinger gegen das Objektiv einer Videoüberwachungskamera richtet". In diesem Fall sieht sich nämlich die Amtsperson hinter dem Monitor in ihrer Ehre gekränkt; 40 Tagessätze sind die mögliche Konsequenz (Bay ObLG, Sz. 5 St RR30/00).

Es drohen keine Punkte

Punkte setzt es für Beleidigungen indes nicht, seit der Punktereform sind fürs Flensburger Fahreignungsregister nur noch sicherheitsrelevante Verkehrsverstöße relevant. Ein Fahrverbot kann als Nebenstrafe aber durchaus ausgesprochen werden.

In besonders schweren Fällen der Beleidigung verhängen Gerichte sogar Freiheitsstrafen, tätliche Beleidigungen können zwei Jahre hinter schwedischen Gardinen nach sich ziehen.

Wer eine Beleidigung rechtlich verfolgen lassen will, muss fristgemäß Strafantrag stellen. "Allerdings steht oft Aussage gegen Aussage, so dass das Verfahren häufig eingestellt wird", heißt es bei der Arag nicht eben ermutigend. Die Investition von Zeit, Nerven und auch Geld in den Gang vor Gericht lohnt ziemlich häufig nicht.

epr