Bundesliga

Internationales Flair für Herthas Plattenhardt

"Ich stand gerade unter der Dusche"

Internationales Flair für Herthas Plattenhardt

Mit dem DFB-Team nach Russland statt nach Kreta: Marvin Plattenhardt.

Mit dem DFB-Team nach Russland statt nach Kreta: Marvin Plattenhardt. picture alliance

Am Vormittag hatte Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff bei Herthas Manager Michael Preetz angerufen und ihn über die Personal-Planungen des DFB informiert. Als Herthas Pressechef Max Jung Plattenhardt nach der Vormittagseinheit am Mittwoch in der Kabine aufsuchte und ins Manager-Büro bat, "stand ich gerade unter der Dusche", erzählt der Linksverteidiger. In der Geschäftsstelle überbrachten ihm Preetz und Trainer Pal Dardai die frohe Botschaft, kurz darauf klingelte Löw-Assistent Marcus Sorg bei Plattenhardt durch. "Ich freue mich riesig, dass ich jetzt dabei bin", erklärt der designierte Neu-Nationalspieler. "Das ging alles sehr kurzfristig. Da braucht man ein paar Minuten, um sich drauf einzustellen."

Es sei "das Ziel jedes Spielers, mal dabeizusein in der Nationalmannschaft – ich habe in meinen Jahren bei Hertha viel dazugelernt und meine Leistungen bestätigt". Jetzt kommt der Lohn. "Marvins Nominierung ist für ihn selbst und für den ganzen Klub eine tolle Sache", sagt Preetz. "Er hat es absolut verdient. Wir stehen jetzt das zweite Jahr in Folge im vorderen Bereich der Bundesliga, das ist für einen Verein wie Hertha BSC keine Selbstverständlichkeit. Und Marvin hat einen großen Anteil daran, er ist hier zu einem absoluten Leistungsträger gereift."

Dardai: "Sein linker Fuß ist eine Waffe"

In der Tat: Nach dem Wechsel vom 1. FC Nürnberg in die Hauptstadt im Sommer 2014 für eine festgeschriebene Ablöse von 500.000 Euro und einem schwierigen ersten halben Jahr unter Dardais Vorgänger Jos Luhukay hat sich Plattenhardt längst unverzichtbar gemacht. Neben seiner Zuverlässigkeit im Defensivspiel gelten seine Standards als herausragende Qualität, alle sieben Bundesliga-Treffer gelangen ihm durch Freistöße. Coach Dardai ist voll des Lobes: "Marvin hat sich bei uns super entwickelt und zeigt seit zwei Jahren konstant seine Qualität. Sein linker Fuß ist eine Waffe."

Gelegentlich wünscht sich der Ungar aus dem Spiel heraus "noch mehr Vorstöße und Sprints" von seinem Linksverteidiger, aber er sieht, dass da einer in den 27 Monaten unter ihm beeindruckend stabil spielt und immer wichtiger fürs Team wurde. Er sei "mutiger geworden" in seiner Spielweise, sagt Plattenhardt, der im November 2015 seinen Vertrag bei Hertha BSC vorzeitig bis 2020 verlängert hatte. Die Berliner Morgenpost nennt ihn ziemlich treffend eine gelungenen Mix aus "halb Handwerker, halb Künstler".

Marvin Plattenhardt (M.)

Freistoßtor: Plattenhardt (M.) am 11. März 2017 gegen Borussia Dortmund. picture alliance

Plattenhardt und Herthas DFB-Historie

Mit der Nominierung für den Confed Cup (17. Juni bis 2. Juli) schließt sich für Plattenhardt gewissermaßen ein Kreis. Mit der deutschen U-17-Auswahl wurde er 2009 an der Seite von Mario Götze, Shkodran Mustafi und Marc-André ter Stegen beim Heimturnier Europameister (im Magdeburger Finale 2:1 nach Verlängerung gegen die Niederlande), später folgten in der U21 des DFB sieben Einsätze. Jetzt ruft die Nationalmannschaft. "Ich muss erstmal dort ankommen und alles realisieren", sagt Plattenhardt. "Es wird ein heißes Turnier und geht um viel."

Sollte er in Russland zum Einsatz kommen, wäre er in der Klub-Historie der 27. deutsche A-Nationalspieler in Herthas Diensten. Neben Arne Friedrich (79 Länderspiele als Hertha-Profi), Marko Rehmer (28), Erich Beer (24) und Sebastian Deisler (19), die länger zum Elite-Kreis zählten, stellte Hertha auch einige Akteure, die nur auf ein Länderspiel kamen: Die Klub-Legenden Helmut Faeder (1958 gegen Ägypten), Volkmar Groß (1970 gegen Griechenland) und Uwe Kliemann (1975 gegen die Niederlande) zählen ebenso dazu wie Otto Jungtow (1913 gegen England), Willi Kirsei (1924 gegen Schweden) oder Emil Krause (1933 gegen Polen).

Seit Arne Friedrich, der im WM-Sommer 2010 nach Herthas Abstieg zum VfL Wolfsburg weiterzog, waren die Berliner ohne deutschen A-Nationalspieler - bis jetzt. Den bereits gebuchten Kreta-Urlaub hat Plattenhardt am Mittwoch zügig gecancelt, sein erster Anruf nach dem Erhalt der Botschaft galt dem Papa: "Den habe ich vermutlich beim Mittagsschlaf geweckt." Plattenhardt senior wird's verschmerzen. Und Klubkollege Mitchell Weiser, dessen Ziel auf Sicht ebenfalls das A-Team ist, frotzelt: "Wir freuen uns alle riesig für ihn. Aber Marvin soll dort erstmal ein Spiel machen, bevor er hier einen ausgibt."

Steffen Rohr

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