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"Crystanbul": Suarez und die Reds im Tal der Tränen

Liverpool verspielt 3:0 und muss Titelhoffnungen wohl begraben

"Crystanbul": Suarez und die Reds im Tal der Tränen

Untröstlich: Auch Kapitän Steven Gerrard konnte den weinenden Luis Suarez nicht beruhigen.

Untröstlich: Auch Kapitän Steven Gerrard konnte den weinenden Luis Suarez nicht beruhigen. picture alliance

Es war das Bild des Abends im Selhurst Park: Nach dem Schlusspfiff gab es bei Luis Suarez kein Halten. Der Uruguayer brach im Mittelkreis zusammen, zog sich das Trikot über den Kopf und ließ seinen Emotionen freien Lauf. Kapitän Steven Gerrard versuchte vergeblich, Englands frischgebackenen "Spieler des Jahres" zu trösten, Kolo Touré leitete den von Weinkrämpfen geschüttelten Angreifer schließlich in die Kabine. In neun Minuten war der Traum vom ersten Meistertitel seit 24 Jahren für den FC Liverpool wohl endgültig geplatzt. Eine 3:0-Führung gaben die Reds bei Crystal Palace in der Schlussphase noch aus der Hand. Klar, dass in England schnell Parallelen gezogen wurden zum Champions-League-Finale von 2005. In Istanbul hatte Liverpool binnen sechs Minuten ein 0:3 gegen den AC Mailand wettgemacht und am Ende im Elfmeterschießen triumphiert. Neun Jahre später erlebten die Reds ihr "Crystanbul", wie die englischen Medien titelten.

Rodgers schreibt den Titel ab

Der langersehnte Gewinn der Meisterschaft, dem Liverpool schon so nahe zu sein schien, ist für die Schützlinge von Brendan Rodgers sechs Tage vor dem Saisonfinale in weite Ferne gerückt. Ein Punkt beträgt der Vorsprung auf Manchester City zwar noch, doch der Rivale hat noch das Nachholspiel gegen Aston Villa (14.) in der Hinterhand, spielt auch zum Abschluss gegen West Ham United (12.) zuhause und weiß zudem die um neun Treffer bessere Tordifferenz auf seiner Seite. Kurzum: Vier Punkte aus den beiden Spielen reichen den Citizens wohl zum vierten Meistertitel der Vereinsgeschichte. Auch Rodgers glaubt nicht an eine weitere Wendung im Titelrennen: "Wir hätten heute gewinnen müssen, um den Druck aufrechtzuerhalten. Ich glaube, Manchester City wird sich das nicht mehr nehmen lassen und Meister werden."

Spielersteckbrief Suarez
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Die Abwehrschwäche holt Liverpool ein

Im Selhurst Park lag Liverpool nach Treffern von Joe Allen (18.), Daniel Sturridge (51.) und Suarez (53., Saisontor Nummer 31) klar in Führung. Die Offensivlust der Reds war allerdings noch längst nicht gestillt, wohl im Bemühen, die Tordifferenz weiter zu verbessern, spielten sie weiter nach vorn - und stürmten ins Verderben. "Wir dachten, wir könnten noch mehr erreichen und haben uns davon mitreißen lassen", urteilte Rodgers: "Dabei haben wir unsere Defensiv-Struktur verloren."

Das nutzten die Londoner: Damien Delaney (79.) und der eingewechselte Dwight Gayle (81./88.) schafften mit ihren Toren das Unglaubliche und stürzten Liverpool - allen voran Suarez - ins Tal der Tränen. Die ganze Saison war die Defensive die große Problemzone der Reds gewesen, 49 Gegentore stehen nach 37 Spieltagen zu Buche (im Vergleich dazu Chelsea: 26). Ein Mangel, der nur von der wie entfesselt laufenden Offensiv-Maschinerie (99 Tore in 37 Spielen) überdeckt werden konnte. Am Montagabend hatte die Abwehrschwäche jedoch bittere Konsequenzen.

So musste Liverpool, das vor zwei Wochen nach elf Siegen in Folge und Patzern der Konkurrenz schon wie der sichere Meister aussah, den zweiten Ausrutscher in Folge hinnehmen. Den ersten hatten sich die Reds, im wahrsten Sinne des Wortes, beim 0:2 im Topspiel gegen den FC Chelsea geleistet. Eine Niederlage, die ausgerechnet Reds-Urgestein Steven Gerrard einleitete, als er als letzter Mann slapstickartig die Balance verlor, hinfiel und Demba Ba den Weg zur 1:0-Führung ermöglichte.